Der Durchstarter
Umgehend ist er durchgestartet, der Sebastian – direkt vom Parlamentsputsch zur ersten Wahlparty in der Politischen Akademie, Startschuss fürs Comeback im Herbst. Beim abgewählten Kanzler und seinen Getreuen herrscht Feierstimmung, während die SPÖ zerknirscht dem Katzenjammer huldigt, nachdem sie sich mit ihrem Misstrauensvotum so zielsicher in den eigenen Fuß geschossen und zusätzlich einen neuen Märtyrergeschaffen hat: Den Heiligen Sebastian. Nein, dieses Manöver war keine strategische Glanzleistung – glänzend kam hier nur einer weg: Kurz.
Kultur in diesem Land ist einsame Weltspitze – durfte man doch eben erst die fantastischen Jubiläumsveranstaltungen der Wiener Staatsoper genießen. Doch die Politik hierzulande erinnert an einen anderen Wiener Schauplatz: Den Prater. Politik ist ein munterer Flohzirkus und für Sebastian war dies eine lustige Fahrt auf der Achterbahn, oder „Hochschaubahn“ wie sie im Prater heißt: Bergab gings mit der Regierung nach dem Ibiza-Video, dann aber sofort wieder steil aufwärts in die luftigen Höhen der EU-Wahlen, dann aber sogleich wieder in die in jähen Abgründe des Misstrauensvotums – und schon zeichnet sich nach der nächsten Kurve ein neues Aufwärts ab: Die Wiederwahl an der Spitze einer weiter erstarkten ÖVP im Herbst.
Ibiza war zwar spektakulär, aber keine wirkliche Überraschung.
Die Ibiza-Realsatire lässt den Beobachter aus dem Nachbarland zugleich fassungslos und amüsiert zurück.: Der nachmalige Vizekanzler und Chef einer Regierungspartei verkauft, glühend vor kindlicher Begeisterung, seine Heimat einer fremden Macht, während sein infantiler Komplize lustvoll mit einem imaginären Revolver ins Leere zielt. Beide Spitzenpolitiker lassen sich völlig arglos von einer Schmierenschauspielerin hereinlegen. Und der Kanzler? Ihn trifft bei alledem keinerlei Verantwortung, finden die ÖVP-Wähler. Kurz wirkte hilflos überrascht wie ein total überforderter Lehrer vor einer randalierenden Schulklasse: Genug, sagte er treuherzig-betroffen, sei nun wirklich genug. Doch hier wiederholte sich doch nur, was sich bereits bei Schüssels Bündnis mit diesen Herrschaften ereignet hatte: Von einem Desaster zum nächsten, von einer Peinlichkeit zur nächsten. Ibiza war zwar spektakulär, aber keine wirkliche Überraschung. Kurz hätte ahnen müssen, dass etwas derartiges kommen musste. Seine Naivität diskreditiert ihn als künftigen Kanzler – ebenso wie sein ewiges Schweigen, wo längst klare Worte fällig gewesen wären.
Kommentar