Kurz dämpft Hoffnungen auf baldigen Normalzustand

Politik / 24.03.2020 • 13:30 Uhr
Kurz dämpft Hoffnungen auf baldigen Normalzustand
APA

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dämpft die Hoffnungen, dass die Corona-bedingten Einschränkungen im Leben der Österreicher rasch der Vergangenheit angehören werden. “Wir werden nach Ostern in einer Phase sein, die der heutigen mehr ähnelt als der Normalzustand”, sagte der Kanzler am Dienstag. Zudem wird die Bundesregierung wird die Testkapazität in der Coronakrise stark ausweiten.

Wie genau es bezüglich Ausgangsbeschränkungen, geschlossener Schulen, Geschäfte und Restaurants weitergehen werde, wollte Kurz nicht konkretisieren. Er betonte, dass man bis Freitag auf weitere Daten warte. Ziel sei es aber, die Maßnahmen mit 14. April schrittweise wieder zurückzunehmen. “Die Betonung liegt auf Ziel und auf schrittweise”, sagte Kurz. Und: “Es wird nicht das Leben von heute auf morgen wieder so sein, wie es war.”

“Wir müssen in den einstelligen Bereich, was das Wachstum der Kurve betrifft”, sagte Kurz zur Frage, wann es Lockerungen der Maßnahmen geben könnte. Gleichzeitig müsse dann vorgesorgt werden, dass es nicht zu einem neuerlichen Anstieg der Krankheitsfälle kommt. Der Bundeskanzler brachte hier auch “Big Data” ins Spiel, ohne konkret zu werden.

Man schaue sich jedenfalls gemeinsam mit dem Roten Kreuz und anderen Unternehmen an, was “auch in Österreich oder Europa umsetzbar ist”. Das Rote Kreuz launcht diese Woche eine “Stopp Corona”-APP, die als eine Art Kontakttagebuch via Smartphone fungieren und schnell über Verdachts- sowie positive Fälle von Personen informieren soll.

Zu den Tests auf das Coronavirus kündigte der Kanzler an, diese ausweiten zu wollen. “Es wird gelingen, die Kapazitäten auf rund 15.000 pro Tag auszubauen und auch durchzuführen, sofern wir die notwendigen Ressourcen erhalten”, sagte Kurz. Klarheit darüber, ob die bisher gesetzten Maßnahmen zur Virus-Eindämmung greifen, werde man erst am Freitag haben. Das wichtigste Ziel – neben der Reduktion der sozialen Kontakte – laute “testen, testen, testen”, so Kurz. Man werde auch auf Schnelltests setzen, kündigte er an.

Es gehe darum, möglichst schnell die Kapazitäten zu haben, um Hunderttausende Menschen zu testen. “Diese (Tests, Anm.) haben nicht dieselbe Qualität wie jene, mit denen wir jetzt testen. Aber es ist die einzige Möglichkeit, um Hunderttausende zu testen und nicht nur wenige”, erklärte der Kanzler.

Dies sei keine Strategieänderung der Regierung, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Vielmehr sei man immer der Meinung gewesen, möglichst viele Tests durchführen zu wollen. Man habe bewusst abgewartet, bis die Qualität der Schnelltests dort ist, dass man spezifische Aussagen treffen kann – das sei nun der Fall.

Anschober betonte, dass die Schnelltests ja eigentlich Antikörpertests sind, die erst einige Tage nach der Infektion anschlagen. Das Gute daran sei, dass sie schnellere Ergebnisse liefern als die bisherigen Tests und in größerer Stückzahl produzierbar sind. Flächendeckende Testungen in ganz Österreich werde es aber auch damit nicht geben, sagte der Minister. Man könne sich damit aber den “spezifischen Infektionsgrad ” etwa in einer bestimmten Region ansehen – etwa in einem Bezirk oder auch die Infektionsrate in bestimmten Berufsgruppen. Auch sei der große Vorteil, dass man damit auch feststellen kann, wie viele Personen in einer bestimmten Gruppe infiziert sind, auch wenn sie symptomlos bleiben.

Auch werde derzeit “intensiv an der Beschaffung, Produktion und Logistik gearbeitet” – auch, um Schutzausrüstung für medizinisches Personal zu beschaffen. “Es treffen Lieferungen ein in den nächsten Tagen” – unter anderem aus der Volksrepublik China, von der Österreich 20 Millionen Schutzmasken erhalten werde. “Die ersten fünf Millionen werden schon dieses Woche eintreffen”, sagte Kurz. Im Bereich der Pflege erwartet er den Ausfall vieler (ausländischer) Mitarbiter. Daher habe man Zivildiener mobilisiert, “darüber hinaus werden wir 100 Millionen Euro in die Hand nehmen, um die Pflege bestmöglich zu unterstützen”.

Zum Thema, wie lange die restriktiven Maßnahmen noch anhalten werden, sagte Kurz, die Regierung habe “noch kein valides Zahlenmaterial. “Ich bitte Sie um Geduld bis Freitag. Die Maßnahmen brauchen Zeit, bis sie greifen. Wir werden am Freitag valides Zahlenmaterial haben und Sie informieren, wie stark die Maßnahmen greifen und mit welchen Szenario wir zu rechnen haben.”

An die Bevölkerung appellierte Kurz, die gesetzten Regeln hinsichtlich der Ausgangsbeschränkungen auch einzuhalten. “Wir haben es in der Hand, alles zu tun, dass es keine Zustände wie in Italien oder Spanien gibt.” Auch dankte er allen, “die sich diszipliniert an die Maßnahmen halten”. Gleichzeitig betonte Kurz, er habe Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ersucht, “diejenigen zu strafen, die sich nicht daran halten und damit den Erfolg aller gefährden”.

Die Wirtschaftstreibenden rief der Kanzler dazu auf, auf Kurzarbeit zu setzen. “Das ist besser als Arbeitslosigkeit, das Modell steht allen Unternehmen offen.” Das Paket für Härtefälle werde ebenso wie die geplante Notfallshilfe derzeit finalisiert, Auszahlungen sollen bereits kommende Woche möglich sein.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) konkretisierte die wirtschaftlichen Maßnahmen. Einmal mehr verwies er auf die Möglichkeit, Kurzarbeit anzumelden. “Jede Arbeitsstunde die nicht erbracht wird, muss man nicht bezahlen”, sämtliche Nebenkosten gehen über auf die öffentliche Hand. Geld werde es so lange geben, so lange die Mittel gebraucht werden, betonte Kogler. “Für die Wirtschaft wird es einen Neustart und Wiederaufbau brauchen”, so Kogler. Kurzarbeit sei aktuell die bessere und unbürokratische Maßnahme. Viele in der Bevölkerung würden allerdings noch nicht wissen, dass diese auch von Freiberuflern genützt werden könne.

Kogler kündigte an, dass bereits gegen Ende der Woche mit der Beantragung von Geld aus dem Härtefallfonds begonnen werden kann. Dafür werde es ein einfaches Online-Formular geben. “Dann kann unmittelbar danach mit der Auszahlung begonnen werden”, sagte Kogler. Die aktuelle Gesundheitskrise könne zu einer “Wirtschaft- und Beschäftigungskrise führen”, die auch “drei oder vier Monate dauern kann”.