Julia Ortner

Kommentar

Julia Ortner

Was wird aus dem sozialen Frieden?

Politik / 11.05.2020 • 17:30 Uhr

Jetzt hat auch Lukas Resetarits die Contenance verloren. Das Virus greift in den Emotionshaushalt vieler ein, der Godfather der heimischen Kabarettszene wirft sich fuchsteufelswild für die Kulturschaffenden in die Schlacht. „Geigen wir die ganze Grüne Kulturpartie ham – unter die 4 Prozent, wo sie hingehören”, sagt Resetarits in einem oft zitierten Video und greift die bisher in der Coronakrise hilflos agierende Kultur-Staatssekretärin Ulrike Lunacek frontal an. Der Kulturbetrieb muss derzeit ja noch im Niemandsland ausharren.

Der Zorn des Lukas Resetarits ist Ausdruck einer tiefen Verunsicherung, die der Großteil der Menschen verspürt. Doch viele, die ihren Job verloren haben oder ihr Unternehmen nicht mehr halten können, haben keine laute Stimme. Die Arbeitslosenquote ist im April auf einen neuen historischen Höchststand von 12,8 Prozent gestiegen, 571.477 Personen sind arbeitslos gemeldet. Zusätzlich gibt es Kurzarbeit für 1,25 Millionen Jobs. Alleine in Wien dürfte bald jeder zweite unselbstständig Beschäftigte von Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit betroffen sein. Immer mehr Menschen fehlen Perspektive und innere Sicherheit. Gerade den Jugendlichen, die laut Prognose der Johannes Kepler Universität noch stärker von Arbeitslosigkeit betroffen sind als andere Gruppen – ihre Zahl könnte von 44.000 auf 80.000 steigen. Eine verlorene Generation, wenn man ihnen nicht beisteht.

Brüchiger Frieden

Was wird aus dem sozialen Frieden im Land? Österreich war immer stolz auf sein altes Patentrezept zur Wahrung der öffentlichen Ordnung: Streiks nur in homöopathischen Dosen, viele sozialpartnerschaftliche Einigungen. Auch wenn diese Idee spätestens seit der Wirtschaftskrise 2008 brüchig geworden ist, konnte man das Bild einer Gesellschaft, in der es nicht zu Ausschreitungen und Generalstreiks kommt, aufrechterhalten. 

Den sozialen Zusammenhalt muss man nun in der nächsten Phase der Pandemie wirklich leben.

Diesen sozialen Zusammenhalt, den die türkis-grüne Regierung gerne beschwört, muss man nun in der nächsten Phase der Pandemie wirklich leben. Bitte geht in euer Stamm-Gasthaus, kauft bei regionalen Händlern, gebt euer Geld zur Stärkung der Wirtschaft aus! Mit Appellen kann man nur einen Teil der Leute erreichen, weil die anderen eben darum ringen, irgendwie über die Runden zu kommen. Neben ausreichenden Investitionen in alle betroffenen Wirtschaftsbereiche wird man in dieser außergewöhnlichen Situation auch in Programme für Menschen ohne Job und in eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes investieren müssen.

Es geht dabei nicht um Ideologien, sondern um die Wahrung des friedlichen Zusammenlebens. Damit nicht am Ende ein Heer von armen und arbeitslosen Menschen auf der Strecke bleibt, die ohnmächtig und wütend zu denen da oben schauen.