Miliz steht für maximal drei Wochen im Einsatz

Nach Grenzöffnung sinkt Bedarf. Nachholbedarf bei Ausrüstung.
Wien Die Vorarlberger Milizsoldaten stehen ab heute, Montag im Einsatz. Nicht für lange Zeit, wie Militärkommandant Gunther Hessel im VN-Interview erklärt. Laut aktueller Lage werde spätestens Mitte Juni abgerüstet. Die Ausstattung der Miliz sei dürftig. „Sie wurde vernachlässigt.“
Zwischen Ankündigung (22. März) und Einberufung der Miliz (4. Mai) liegen rund sechs Wochen. Weitere drei Wochen vergingen, bis die Miliz heute, Montag, ihre Aufgaben in Vorarlberg übernehmen kann. Ist das System nicht ein wenig träge?
Hessel Diese Schlussfolgerung passt nicht. Nein. Denn im Großen und Ganzen ist das, was wir jetzt erleben, ein idealtypischer Einsatz: Eine Krise entstand. Die präsenten Kräfte wurden sofort eingesetzt und danach der Handlungsspielraum durch den Aufschubpräsenzdienst erhöht. Nun folgt die Miliz, die das System durchhaltefähig macht.
Worauf wurde die Miliz vorbereitet?
Hessel Die Soldaten wurden durch das Jägerbataillon 23 in Kooperation mit dem Militärkommando und mit Unterstützung der Polizei professionell auf alle Aufgaben im Rahmen dieses Einsatzes vorbereitet. Wir haben zum Beispiel die Pistolenausbildung komplett durchgeführt, weil normalerweise nicht die Pistole, sondern das Sturmgewehr die Hauptbewaffnung der Soldaten ist. Und wir haben sie mit der Polizei zur Anwendung unmittelbarer Zwangsgewalt ausgebildet, dazu gab es Kommunikations- und spezielle Szenarientrainings sowie Kurse zu den Aufgaben, die sie für die Gesundheitsbehörden übernehmen.
Der Großteil der Milizsoldaten wird an der Grenze zu Liechtenstein, der Schweiz und Deutschland eingesetzt. Die gesundheitsbehördlichen Auflagen an den Grenzen gelten noch bis Mitte Juni. Heißt das, ab Mitte Juni ist der Einsatz beendet?
Hessel Nach der jetzigen Faktenlage kann man davon ausgehen, dass der Einsatz Mitte Juni in Vorarlberg beendet ist. Derzeit gibt es Aufträge, weil wir die Aufgaben der Aufschubpräsenzdiener des Jägerbataillons 23 und der steirischen Kampfunterstützungskompanie des Jägerbataillons 17 übernehmen. Der Wechsel war geplant. Langsam fährt man den Einsatz aber zurück.
Wird der Milizeinsatz Mitte Juni nur in Vorarlberg beendet oder auch in anderen Bundesländern?
Hessel Es ist der aktuelle Sachstand für Vorarlberg. Ich rechne aber damit, dass es auch in den anderen Bundesländern insgesamt einen wesentlich geringeren Bedarf an Soldaten geben wird.
Könnte die Vorarlberger Milizkompanie noch in einem anderen Bundesland eingesetzt werden?
Hessel Das schließe ich nach Rücksprache mit den Streitkräften und den Signalen aus dem Ministerium aus. Ich gehe davon aus, dass die Kompanie als Gesamtes abrüsten wird. Ich rechne, dass der Abrüstungstermin innerhalb der kommenden drei Wochen sein wird.
Unter Übergangsminister Thomas Starlinger wurde der Sachstandsbericht „Unser Heer 2030“ verfasst. Darin steht, die Miliz sei chronisch unterdotiert. Hat sich das in der Coronakrise bemerkbar gemacht?
Hessel Ja, auf jeden Fall. Die Miliz wurde vernachlässigt. Wir haben die präsenten Kräfte und deren Ausrüstung benötigt, um die Milz überhaupt einsatzbereit zu machen. Es fehlt zum einen bei der Mannesausrüstung wie Schutzwesten, Sicherheitsholstern oder Taschenlampen. Aber es fehlt auch an Fahrzeugen und IKT-Ausstattung. Im Prinzip muss man eine präsente Kompanie verwenden, um eine Milizkompanie in Einsatz zu stellen.
Sie könnten also nicht gleichzeitig im Einsatz sein?
Hessel Das wäre nicht möglich. Optimal wären also beide Pfeiler, eine starke präsente Organisation und eine verlässliche Miliz. Für beide gibt es zu wenig Ausrüstung und Gerät. Es besteht großer Nachholbedarf. Der kann teuer werden.
Müsste die Miliz wieder regelmäßiger üben?
Hessel Ja. Wenn die Miliz als Kompanie alle zwei Jahre üben könnte, wäre das ein großer Gewinn. Dafür müsste sie aber überhaupt erst ausgestattet werden. Noch besser wäre es, ein ganzes Bataillon zur Übung zu bringen. Der finanzielle Aufwand dafür ist aber nicht zu unterschätzen. Ich bin skeptisch, dass wir die Mittel dafür bekommen.
„Es fehlt schon bei der Mannesausrüstung wie Schutzwesten oder Taschenlampen.“
