Tausende Spitalsbetten weniger

Politik / 06.10.2020 • 05:30 Uhr
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Reduktion geht laut Experten trotz Coronapandemie in die richtige Richtung.

Wien Über 7000 Spitalsbetten wurden in Österreich in den vergangenen 20 Jahren gestrichen. In Vorarlberg ist deren Zahl um 184 gesunken, wie eine Anfragebeantwortung von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zeigt. Damit hat sich ein in den 1990ern gestarteter Trend fortgesetzt. Immer wieder rieten Organisationen wie die OECD oder die WHO, die Bettenzahl zu reduzieren und die ambulante Versorgung zu stärken. Auch der Rechnungshof kritisierte über viele Jahre, dass sich Österreich zu viele Akutbetten leiste. Der frühere Präsident Josef Moser errechnete ein Sparpotenzial von 4,7 Milliarden Euro bei einem gemeinsamen Finanzierungstopf für den niedergelassenen und den stationären Bereich sowie für die Reha und die Pflege. So würden falsche Anreize, Patienten in die eine oder andere Richtung zu verschieben, beseitigt.

Tausende Spitalsbetten weniger

Laut Thomas Czypionka, Gesundheitsexperte am Institut für Höhere Studien, hinkt Österreich hinterher. Weiterhin würden aber zu viele Leistungen stationär angeboten, obwohl sie tagesklinisch möglich wären. Die Richtung, die Bettenzahl zu reduzieren, stimme aber. Trotz Coronakrise: “Es wäre ein schlechter Mitteleinsatz, würde man Tausende Betten nur für den Fall einer Pandemie vorhalten.” Neos-Mandatar Gerald Loacker, der die Anfrage an Anschober stellte, pflichtet dem bei. “Ich kann nicht eine Struktur für einen Extremfall aufrechterhalten, der alle 30 Jahre auftritt.” Vielmehr brauche es einen Notfallplan: “Der könnte so aussehen, dass man Kur-, Reha- oder Bildungszentren schnell auf ein Spital umrüsten kann.” Hier sei natürlich von Akut- und nicht von Intensivbetten die Rede.

Im Bundeszielsteuerungsvertrag hätten Bund und Länder vorgesehen, die Bettenzahl im stationären Bereich zu reduzieren und den ambulanten bzw. niedergelassenen Bereich zu stärken. Hier bleibe großes Potenzial ungenutzt, schreibt Czypionka in einer Studie. Tagesklinisch oder ambulant durchführbare Operationen würden in vielen Bereichen weiterhin stationär angeboten. Ein Grund sei die fehlende Akzeptanz der Patienten. Außerdem würden Chirurgen komplexe Operationen lieber in der Früh durchführen und weniger komplexe Eingriffe, die tagesklinisch möglich wären, erst ab Mittag. Das führe aufgrund der Erholungszeit für Patienten zu stationären Aufenthalten. Als weiteren Grund nennt Czypionka Sonderklasseentgelte. Sie seien ein Anreiz für Spitäler, ihre Patienten stationär zu behandeln.