Neue Regierung dringend gesucht

In Italien zeichnet sich nach den politischen Konsultationen noch keine Lösung ab.
rom Der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella hat die politischen Konsultationen mit den im Parlament vertretenen Parteien beendet. Doch ein Ende der Regierungskrise zeichnet sich vorerst nicht ab. Das Staatsoberhaupt scheint im Dunkeln zu tappen, die Bemühungen zum Aufbau einer dritten Regierung um den parteilosen Juristen Giuseppe Conte gestalten sich schwieriger als erwartet.
Keine Allianz mit Renzi
Die Fronten sind verhärtet: Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung, stärkste Einzelpartei im Parlament, und die Sozialdemokraten (Partito Democratico) wollen zwar das Mitte-Links-Bündnis wiederbeleben, das seit September 2019 an der Regierung ist. Sie wollen jedoch keine neue Allianz mit dem Ex-Verbündeten Italia Viva um Ex-Premier Matteo Renzi aufbauen, der mit seinem Austritt aus der Regierungskoalition vor zwei Wochen die Regierungskrise ausgelöst und Premier Conte am Dienstag zum Rücktritt bewogen hatte. Renzi gilt inzwischen als unzuverlässig und unberechenbar.
Renzi sprach sich vor Mattarella gegen Neuwahlen aus, die seiner Ansicht nach ein „gravierender Fehler“ für Italien wären. „Das Land braucht dringend eine Regierung. Wir bevorzugen ein politisches Kabinett statt einer Einheitsregierung, sind aber auch einer Einheitsregierung nicht abgeneigt“, so der Toskaner. Seine Partei würde am liebsten eine Mitte-Links-Regierung mit einem anderen Premier als Conte unterstützen.
Der 46-Jährige forderte eine europaorientierte Regierung, die sich um die konstruktive Nutzung der riesigen EU-Finanzhilfen bemühe, die Italien im Rahmen des EU-Wiederaufbauprogramms „Next Generation EU“ erhalten wird. „Wir sind weder verantwortungslos noch unzuverlässig, wie unsere Kritiker behaupten“, versicherte Renzi. Der Ex-Partner Fünf-Sterne-Bewegung solle entscheiden, ob eine neue Koalition mit Italia Viva wieder auf die Beine gestellt werden könne. Sozialdemokraten-Chef Nicola Zingaretti sprach sich dagegen klar für eine dritte Regierung Conte aus. „Das neue Kabinett muss sich auf eine solide parlamentarische Basis im Einklang mit der besten europäischen Tradition stützen. Dieses Fundament ist notwendig, um die Herausforderungen der Pandemie und der Wirtschaftskrise zu bewältigen. Außerdem benötigt Italien institutionelle Reformen für seinen Neustart“, sagte Zingaretti.
Mattarella traf am Freitag die Delegationen der Fünf-Sterne-Bewegung sowie die der oppositionellen Mitte-Rechts-Parteien. Die rechte Lega von Matteo Salvini sprach sich für eine Mitte-Rechts-Regierung mit den Verbündeten Forza Italia und Fratelli d’Italia aus. Sollte dies nicht möglich sein, sollte es zu Neuwahlen kommen, forderte Salvini. Die konservative Forza Italia von Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi ist dagegen bereit, eine Einheitsregierung zu unterstützen, der sie beitreten könnte.
Bilanz ziehen
Nach dem Ende der Konsultationen muss Mattarella eine Bilanz der dreitägigen Gesprächsrunde ziehen. Er muss entscheiden, ob die Bedingungen für die Bildung einer dritten Regierung Conte vorhanden sind. Er könnte auch eine neue Reihe von Konsultationen ankündigen. Sollte Mattarella keinen Ausweg aus der Krise finden, könnte er Neuwahlen ausrufen. Der Präsident will dies verhindern, weil sich Italien einen Wahlkampf inmitten der Pandemie und einer schweren Wirtschaftskrise nicht leisten könne.