Kathrin Stainer-Hämmerle

Kommentar

Kathrin Stainer-Hämmerle

Sympathiewettbewerb

Politik / 26.05.2021 • 07:00 Uhr

Kurz gegen Mückstein: Das könnte – frei nach Helmut Qualtinger – noch Brutalität werden. Einen Vorgeschmack gab es am sonst nachrichtenarmen langen Wochenende. Zunächst warnt der Gesundheitsminister den Bundeskanzler vor frühzeitigen Lockerungen. Doch der Bundeskanzler schert sich nicht um die Aussagen des Polit-Newcomers. Lieber verkündet er aus dem fernen Tirol und dann Brüssel das Ende der Maskenpflicht Mitte Juni. Und stößt so nicht nur den eigentlich zuständigen Regierungskollegen vor den Kopf, sondern gleich auch Landeshauptleute, Sozialpartner und Experten. Sie wissen nun bereits vor den heute beginnenden gemeinsamen Beratungen, was am Freitag beschlossen wird. Ergebnisoffene Verhandlungen werden das wohl keine mehr.

Doch Wolfgang Mückstein ist nicht Rudolf Anschober. Er zeigt sich wesentlich wendiger als sein Vorgänger. Schnell ändert er seine Position vom „Wir werden noch lange Masken brauchen“ zu „Von mir aus starten wir noch eine Woche früher“. Keinesfalls lässt sich Mückstein als fleißiger Verhandler in den Hintergrund drängen, sondern beansprucht die Kommunikations-Bühne ebenso selbstbewusst wie Kurz. Mit dem vom Bundespräsidenten ausgeliehenen Begriff „entbehrlich“ kritisiert er den Stil des Bundeskanzlers im Solo vorzupreschen. So entspinnt sich ein Streit, wer die guten Nachrichten als Erster überbringen darf und wer sie überhaupt erfunden hat.

Es ist ein Wettbewerb der Beliebtheit. Während es zu Beginn der Pandemie darum ging, rasch mit harten Maßnahmen durchzugreifen, scheint es heute mehr um Sympathiegewinn durch Lockerungen zu gehen. Spitzenpolitiker erkennen so nur die Realität an, die durch zahlreiche – immer noch illegale – Coronapartys auf öffentlichen Plätzen und heimlich aufgesperrten Lokalen sichtbar wurde. Die Menschen wünschen sich endlich mehr Freiheit. Experten bleiben hingegen mit ihren Warnungen vor dem Verkünden von Daten statt einer Orientierung an der Entwicklung von Zahlen wieder einmal allein.

Kurz und Mückstein müssen offensichtlich erst noch zueinander finden. Es ist nicht notwendig, dass sie dies in Form von ständigen gemeinsamen Pressekonferenzen zelebrieren. Die Pandemie geht hoffentlich dem Ende zu, dennoch sind verständliche Regelungen einer weiteren Verwirrung über Maßnahmen vorzuziehen. Die Auseinandersetzung über inhaltliche Unterschiede belebt die Demokratie, solange es gelingt, gemeinsam schlüssige Entscheidungen zu treffen. Faire sachliche Diskussionen belasten weder das Image der Politik noch die Zusammenarbeit der Koalition. Diese sind durch den Umgang mit Justiz, U-Ausschuss und Postenvergabe entstanden. Aber das ist eine völlig andere Geschichte im türkis-grünen Verhältnis.