Coronakrise: Warnung vor zu großer Sorglosigkeit

Politik / 11.06.2021 • 20:00 Uhr
Coronakrise: Warnung vor zu großer Sorglosigkeit
Neben saisonalen Effekten drückt auch die steigende Impfquote die Infektionszahlen.  APA

“Wir müssen jetzt auf Sicht fahren”, mahnt Gesundheitsexperte Armin Fidler.

Wien “Wir haben geglaubt, der Sommer 2019 ist wieder da”, erinnert sich Gesundheitsexperte Armin Fidler. “Alle waren im Urlaub, es gab keine Meetings mehr. Man hat sich nicht mehr abgestimmt und so getan als wäre die Geschichte überstanden.” Dieser Fehler, diese Sorglosigkeit des Sommers 2020 sollte sich heuer nicht wiederholen, mahnt er. Die Ausgangsbasis sei aufgrund der Geimpften, Genesenen und Getesteten heuer allerdings deutlich besser. Die 3G-Regel erlaube ein halbwegs normales Leben. Die von der Bundesregierung angekündigten Öffnungsschritte seien unter dieser Prämisse auch nicht gewagt, ist Fidler überzeugt: “Man darf nur nicht alles sausen lassen.”

Ab Juli soll etwa die Maskenpflicht in allen Bereichen fallen, wo die 3G-Nachweise überprüft werden können. In Supermärkten und öffentlichen Verkehrsmitteln bleibt sie vorerst. In den Öffis würde Fidler die Maske auch freiwillig tragen, “ganz sicher, zum eigenen Schutz”, sagt er. Die Diskussion ob von der FFP2-Makse zum Mund-Nasenschutz gewechselt werden könnte, hält der Experte für übertrieben. “Das ist ein Scheinproblem. Ist der Mund-Nasenschutz wirklich um so vieles bequemer?” Fidler plädiert weiter auf die FFP2-Maske zu setzen, solange es sie braucht.

Die 3G-Regel werde uns jedenfalls noch länger begleiten. Sie mache im Vergleich zum Vorjahr auch den größten Unterschied, sagt der Experte. Das Risiko, dass Geimpfte und Genesene das Virus übertragen sei äußerst gering. Tests seien zwar nur eine Momentaufnahme, minimierten die Gefahr aber ebenfalls deutlich. Das Virus treffe so auf deutlich weniger empfängliche Personen und habe weniger Brennmaterial, um sich auszubreiten.

“Wir müssen einfach lernen, mit ihm zu leben”, hält Fidler fest. Neben der 3G-Regel seien detaillierte Analysen zentral. “Wir müssen auf Sicht fahren und wissen wo es hingeht.” Virusvarianten spielten weiterhin eine große Rolle. “Es wird immer welche geben, die wir nicht einschätzen können.”

Mittlerweile haben die Varianten den Wildtyp des Coronavirus nahezu abgelöst, berichtet Landessanitätsdirektor Wolfgang Grabher. Die Alpha-Variante, die zuerst in Großbritannien entdeckt wurde, mache mittlerweile 90 bis 95 Prozent der auswertbaren Proben aus. “Wir hatten auch zahlreiche Falle mit anderen Varianten: die indische, die südafrikanische, die brasilianische. Allerdings haben wir auch festgestellt, dass sich die Krankheitsbilder bei der Infektiosität und dem Verlauf nicht unterscheiden.” Größere Coronacluster gehören in Vorarlberg aktuell der Vergangenheit an. “Neuinfektionen sind mehr oder weniger Einzelfälle. Bis auf ganz wenige waren alle bereits abgesondert”, berichtet Grabher.

Der saisonale Effekt und die steigende Impfquote zeigen also ihre Wirkung. Die Pandemie ist aber nicht vorbei, warnt Fidler. Für Sorglosigkeit sei es noch viel zu früh.