Von einem Grundpfeiler des Flüchtlingsrechts

Genfer Flüchtlingskonvention wird 70. Laut UNHCR hat sie zum Schutz von über 50 Millionen Menschen beigetragen.
genf Sie gilt als Errungenschaft der Menschheit und ist der Grundpfeiler des internationalen Flüchtlingsrechts: die Genfer Flüchtlingskonvention. Sie gibt Verfolgten ein Recht auf Asyl und verbietet es, Menschen dahin zurückzuschicken, wo ihnen Verfolgung droht. 70 Jahre nach der Verabschiedung am 28. Juli 1951 sind weltweit 34 Millionen Menschen wegen Konflikten und Verfolgung in ihrem Heimatland auf der Flucht. Die Zahl steigt. Für fast 1,5 Millionen Menschen sucht das UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) händeringend nach Aufnahmeplätzen.
Entwicklungsländer nahmen auf
„Die Konvention ist heute so relevant wie 1951“, sagt Filippo Grandi, UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, der dpa. Sie hat zum Schutz von mehr als 50 Millionen Menschen beigetragen, so das UNHCR. Zwar haben Entwicklungsländer die meisten Geflüchteten aufgenommen, aber die Industrieländer stöhnen am lautesten.
Die Konvention schützt eine Person, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will“. Nicht geschützt sind Opfer von Naturkatastrophen oder Migranten, die ein Leben mit Würde und Arbeitschancen suchen. Hunderttausende versuchen ihr Glück trotzdem. Grandi räumt ein, dass das Asylsystem in Europa an seine Grenzen stößt. Das liege aber nicht an der Konvention, vielmehr müsse das System reformiert werden. Asylgesuche müssten schneller, innerhalb von Wochen, geprüft und Abgelehnte schneller zurückgeschickt werden.
Über die Konvention neu zu verhandeln, sei nicht unproblematisch, sagt Anuscheh Farahat, Professorin für Öffentliches Recht, Migrationsrecht und Menschenrechte der Universität Erlangen-Nürnberg. „Wir würden sicher nicht das gleiche Schutzniveau bekommen, wenn wir es neu verhandeln – das Kalkül vieler solcher Vorschläge wäre ja, eine Neuregelung zu finden, die die Praxis der EU, die Flüchtlinge möglichst von den Grenzen fernzuhalten, in Recht zu gießen.“
Damit verstoße die EU gegen internationales Recht, sagt Petra Bendel, die Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration in Berlin. Sie verweist auf Griechenland, wo Flüchtlingsboote zurückgedrängt werden, und Libyen, wo die Küstenwache Flüchtlinge abfängt und zurück an Land bringt. In der Konvention fehle ein Verteilschlüssel, sagt Farahat. Sie befürchtet, dass die europäischen Staaten in den nächsten Jahren versuchen könnten, den Flüchtlingsschutz noch mehr in Drittstaaten zu verlagern, etwa durch Aufnahmezentren fern der eigenen Grenze. Ihr Fazit: „Gut, dass wir die Konvention haben, aber sie reicht allein nicht aus. Wir brauchen noch einen effektiveren Schutz, damit Menschen nicht in menschenunwürdigen Situationen leben müssen.“