Weiter hoffen

Politik / 14.11.2021 • 22:23 Uhr

Mit welch riesengroßen Hoffnungen und Erwartungen war doch der 13. November verknüpft. Der vor 23 Jahren gegründete und seitdem mehr oder weniger gefeierte „Weltnettigkeits-Tag“. Der Tag, an dem Schluss hätte sein können mit all den Hirnrissigkeiten in der Welt. Bei der sich Vertreter aller Regierungen bei der Klimakonferenz in Glasgow auf die Rettung unseres Planeten einigen. Und weltweit Impfgegner beschließen, ab sofort Masken zu tragen und sich endlich massenhaft impfen lassen, damit sie weniger Mitmenschen infizieren und möglicherweise ins Grab bringen.

Vergessen wir dabei auch nicht die vielen anderen möglich gewesenen Nettigkeiten wie: Ein weißrussischer Diktator jagt nicht länger Asylsuchende in mörderische Stacheldrahtverhaue an den Grenzen zu Nachbarländern. Die nach UNO-Angaben gegenwärtig 40 Kriege auf der Welt werden ersatzlos eingestellt. Menschenrechte verletzende Diktatoren rufen die Demokratie aus und gehen in Rente. Die Regierenden der reichen Länder beenden mit der Bereitstellung von Nahrungsmittel-Lieferungen so ganz nebenbei die grassierende Hunger-Pandemie in den armen Ländern. Und schließlich beendet der britische Premierminister sein Kasperle-Theater mit der EU und geht endlich zum Friseur. Leider, leider, ist all das Vernünftige und vieles andere nicht passiert. Aber es gibt Hoffnung zumindest für die kleinen Nettigkeiten des Alltags: In drei Monaten, am 17. Februar wird, von denen die davon wissen, weltweit der 1995 in den USA ausgerufene „Random Acts of Kindness Day“ gefeiert. An dem sind traditionell alle Menschenkinder aufgerufen, Beschämendes zu unterlassen und irgend etwas Nettes für einen oder auch mehrere Mitmenschen zu tun: Etwa mit einem Obdachlosen sprechen, einem alten Opa über die Straße helfen, im Auto Jemandem die Vorfahrt lassen, Komplimente verteilen, oder das eine oder andere am Weltnettigkeits-Tag Versäumte nachholen. Oder Beten „Herr lass Hirn vom Himmel regnen“.

Dass dies alles die Schrecken der Welt beseitigt, ist nicht sehr wahrscheinlich und wir werden uns wohl bis zum nächsten Weltnettigkeits-Tag gedulden müssen. In der Zwischenzeit können wir ja zur Gemeinde Mettauertal im Schweizer Kanton Aargau pilgern. Da steht in einer ausrangierten Telefonzelle an der Bushaltestelle eine „Schulterklopfmaschine“, die für persönliche Nettigkeiten und Verzichte auf Missetaten elektronische Lobpreisungen verbreitet. Da hoffen wir mal, dass viele Regierende und an und für sich Normalmenschen demnächst legitime Gründe für einen Besuch haben werden.

„Leider, leider, ist all das Vernünftige und vieles andere nicht passiert.“

Peter W. Schroeder

berichtet aus Washington, redaktion@vn.at