Jugendparlament: Ein Plenum für die politische Zukunft

Politik / 28.11.2021 • 16:00 Uhr
Jugendparlament: Ein Plenum für die politische Zukunft
Bundesratspräsident Peter Raggl (ÖVP) führte aus dem leeren Plenarsaal durch das Onlinejugendparlament. Parlamentsdirektion/Rauchenberger

Schülerinnen und Schüler aus Vorarlberg erlebten den parlamentarischen Alltag als Abgeordnete hautnah.

Wien, Egg Plötzlich erhebt die Sprecherin des violetten Klubs ihre Stimme. Sie und ihre Kollegen in der Fraktion sind mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf nicht einverstanden und möchten ihre Zustimmung wieder zurückziehen. Bei einem Aspekt sei man nämlich uneinig, berichtet sie in der Ausschusssitzung.

Stichwort: Das Jugendparlament

Jährlich findet auf Einladung des Nationalratspräsidenten in Wien – heuer jedoch abermals virtuell – das „Jugendparlament“ statt. Jeweils zwei Schulklassen der neunten Schulstufe können die parlamentarischen Abläufe und den Weg eines Gesetzes spielerisch kennenlernen. Es finden Klubsitzungen und Ausschussberatungen statt, bevor der Gesetzesentwurf im Plenum diskutiert wird. Teilnehmen durften in diesem Jahr Klassen aus Tirol und Vorarlberg.

So oder zumindest so ähnlich läuft das tagtäglich im Nationalrat ab, wenn die 183 Abgeordneten um politische Fragen streiten. Und so läuft es auch vergangene Woche. Nur sind diesmal keine alteingesessenen Politiker die Entscheidungsträger, sondern 60 Schüler. Sie kommen aus Tirol und Vorarlberg – die Klasse 5ai des BORG Egg war vertreten – und werden beim Jugendparlament als „Damen und Herren Abgeordnete“ angesprochen. Das Ziel: Sie wollen am Ende des Tages im Plenum eine Novelle des Freiwilligengesetzes beschließen. Und erleben hierfür große Politik einmal etwas kleiner.

Auf Verbündetensuche

Doch zuvor muss die Gesetzesvorlage ausgearbeitet werden, die Schüler formieren sich in Klubs, debattieren über ihre Vorstellungen, versuchen, Verbündete in den anderen Fraktionen zu finden. Unterstützung erhalten sie unter anderem von der Parlamentsdirektion und von vier „echten“ Abgeordneten. Mit deren Hilfe eignen sich die Klubs auf ihre Positionen, auch den Ausschuss passiert der Entwurf schlussendlich. Jetzt fehlt nur noch die Mehrheit im Plenum.

Dort tritt Theresa Bär aus Klub Orange an das virtuelle Podium. Die Schülerin des BORG Egg berichtet von den Beratungen und dem Inhalt des Entwurfs: Alle Arbeitnehmer bis zum 50. Lebensjahr sollen Anspruch auf Dienstfreistellung haben, wenn sie ehrenamtliche Arbeit verrichten. Für 17 Tage pro Jahr. Im Ausschuss sei durchaus diskutiert worden, zum Beispiel über die Eingrenzung auf Rettungsorganisationen. Dennoch wurde man sich einig.

Dann ist der Sitzungsvorsitzende, der echte Bundesratspräsident Peter Raggl (ÖVP), wieder am Wort („Ich bedanke mich für die perfekte Berichterstattung“), eröffnet die Debatte und schlussendlich die Abstimmung. Per virtuellem Hand-heben kann Zustimmung signalisiert werden. Der Gesetzesvorschlag erhält eine Mehrheit, die Novelle ist beschlossene Sache. Und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) kündigt an, die Ideen der jungen Abgeordneten aufzugreifen und ihren etwas älteren Kollegen im Nationalrat vorzustellen. Also war es wohl doch ganz große Politik.

Umfrage: Wie hat dir das Jugendparlament gefallen?

„Es war sehr spannend. Wir haben die verschiedenen Themen ausführlich durchgesprochen. Unser Klub war der Meinung, dass das Gesetz eine sehr gute Idee ist. Aber wir durften natürlich unsere Meinungen frei äußern. Mir hat sehr gefallen, diese dann gemeinsam zu behandeln.“

Anni Aywaz – Schülerin, BORG Egg

„Eine Abgeordnete hat mit uns viel darüber gesprochen, wie die Arbeit im Nationalrat so ist. Sie hat uns auch dabei geholfen, Anträge richtig zu formulieren. Das war spannend, einmal mit so einer Person zu reden. Beim Gesetz waren wir uns alle ziemlich schnell einig.“

Serafin Rüscher – Schüler, BORG Egg

„Wir haben gelernt, dass jeder eine Aufgabe hat, und dass man vor allem auch die anderen Meinungen akzeptieren muss. Wir haben davor schon in der Schule besprochen, wie das Parlament funktioniert, aber das gemeinsam zu erleben, war schon noch einmal etwas anderes.“

Asmaa Almoussa – Schülerin, BORG Egg

„Die Stimmung, die ich wahrgenommen habe, war, dass alle eine klare Meinung und Stellung beziehen. Sie nehmen sehr aktiv am Meinungsbildungsprozess teil. Für die Gesetzgebung bekommen die Schüler dadurch sicher ein Gespür, das war davor in der Schule sehr abstrakt.“

Tobias Bilgeri – Lehrer, BORG Egg