Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Die Familie

Politik / 02.12.2021 • 14:00 Uhr

Die aus Chatnachrichten bekannt gewordene Zusicherung „Du bist Familie“ von Gernot Blümel an Thomas Schmid, Generalsekretär im Finanzministerium, haben wir ihn unguter Erinnerung. Sie sollte bei Schmid alle Zweifel über den angestrebten beruflichen Aufstieg zerstreuen. Der Satz ist zum Symbol für Vetternwirtschaft, für viele sogar für strukturelle Korruption in Politik und Verwaltung Österreichs geworden.

Seltsamerweise wird aber auch in anderen Parteien von der Familie gesprochen. Thomas Hopfner, der ehemalige Klubobmann der Vorarlberger SPÖ im Landtag, legte mit seinem Parteiaustritt vor wenigen Tagen zwar auch diese Funktion zurück, möchte jedoch zum Leidwesen seiner Partei das Mandat im Landtag behalten. Der Nationalratsabgeordnete Reinhold Einwallner entgegnete ihm nun, dass dieses Mandat bei den letzten Landtagswahlen nicht Hopfner, sondern die „sozialdemokratische Familie“ erzielt habe, und forderte ihn auf, dieses zurückzulegen. Man fühlt sich an das britische Königshaus erinnert: Auch Prinz Harry konnte nicht aus der königlichen Familie austreten und dennoch weiterhin eine Apanage beziehen.

Einwallner ist sowohl im Recht als auch im Unrecht. Unser Wahlsystem ist auf die Parteien ausgerichtet und die Köpfe spielen eine untergeordnete Rolle. Die Wählerinnen und Wähler wollen in erster Linie die von ihnen präferierte Partei gestärkt wissen. Wenn sie Vorzugsstimmen vergeben, dann zumeist an die Listenersten, was im Grunde absurd ist, denn diese Personen haben sowieso die besten Chancen, in den Landtag zu gelangen.

Andererseits ist Thomas Hopfner der Mandatsträger und nicht die SPÖ. Er ist vor einem Jahr in den Landtag aufgerückt, nachdem Michael Ritsch nach seiner Wahl zum Bregenzer Bürgermeister sein Landtagsmandat zurückgelegt hatte. Es waren die Wählerinnen und Wähler, die ihm diese Position verschafft hatten, und nicht die Partei. Ein Mandat ist weder Eigentum des Abgeordneten noch der Partei, sondern ein Auftrag des Volkes. Der Vorgang sollte daher eher Anlass sein, das Wahlrecht noch stärker zu personalisieren und die Wirkung von Vorzugsstimmen zu verbessern.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.