„Missverständnisse“
So richtig will Weihnachtsstimmung noch nicht aufkommen. Das Wichtigste an Weihnachten scheint zu sein, am letzten Sonntag davor noch einmal richtig einkaufen zu können.
Ein Teil der österreichischen Gesellschaft ist derweil damit beschäftigt, gegen eine angebliche neue Diktatur, gegen einen „neuen Faschismus“ zu demonstrieren.
Vergessen, dass wir eine Klimakatastrophe nach der anderen erleben. Vergessen, dass wir es mit dem nicht enden wollenden Abgang einer populistisch-korrupten „Familie“ zu tun haben, die ein paar Jahre lang die österreichische Politikbühne beherrscht hat.
„Es gäbe schon ein paar Gründe zu demonstrieren. Aber gegen eine ,Diktatur‘?“
Vergessen, dass an den europäischen Grenzen und innerhalb der europäischen Grenzen Flüchtlinge unter aberwitzigen Bedingungen in den nächsten Winter geschickt werden.
Vergessen, dass Österreich noch immer damit beschäftigt ist, europäische Solidarität zu sabotieren, nur nicht mehr so lautstark und unverschämt.
Es gäbe schon ein paar Gründe zu demonstrieren. Aber gegen eine „Diktatur“? Die daraus besteht, dass Menschen eine Verwaltungsstrafe droht, die sich wider alle Vernunft – und dabei sich selbst und andere gefährdend – nicht impfen lassen wollen?? Wie das übrigens in Bezug auf eine Reihe von Impfungen schon lange in vielen europäischen Demokratien der Fall ist.
Meine Eltern sind vor einer wirklichen Diktatur und vor ihrer sonst sicheren Ermordung geflohen. Gut, dass sie nicht mehr erleben müssen, wie aus dem „Kampf gegen Faschismus“ gerade eine lächerliche Veranstaltung wird, angeführt vom Ex-Innenminister, dessen Asyl-Politik Österreich konsequent fortführt.
Der österreichische Bundespräsident ist hingegen damit beschäftigt, österreichische Regierungsmitglieder im Akkord anzugeloben. Das Netz hat viel zu lachen darüber. Van der Bellen solle doch einen Angelobungs-Drive-In eröffnen. Es ist kaum anzunehmen, dass es mit dem Personalkarussell nun ein Ende hat. Da hat Österreich gerade einen neuen Innenminister bekommen, der als Bürgermeister bislang stolz auf das Museum in seinem Heimatort war. Ein Museum, das einen Ex-Kanzler feiert, der 1933-34 in Österreich die Demokratie zerstörte und ein faschistisches Regime einführte. Und einen Innenminister, den nun antisemitische Sprüche aus früheren Wahlkämpfen einholen. Für die er sich nicht mal entschuldigt. Denn alles ist eh nur ein Missverständnis.
Aber vielleicht lernt er daraus? Ein Schwenk in der österreichischen Asylpolitik wäre doch ein echtes Zeichen tätiger Reue. Dann könnte Weihnachten doch kommen.
Hanno Loewy ist Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems.
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