Kathrin Stainer-Hämmerle

Kommentar

Kathrin Stainer-Hämmerle

Wünsche ans Christkind

Politik / 22.12.2021 • 06:30 Uhr

Dem Christkind ein Brieflein zu schreiben ist eine beliebte österreichische Tradition.

Da uns Corona schon beinahe zwei Jahre im Griff hat, werden die Wünsche auf den ersten Blick bescheidener, auf den zweiten aber auch existenzieller. An erster Stelle stehen Gesundheit und ein Zusammensein mit den Liebsten. Der Erhalt des Arbeitsplatzes und die Sorgen über gestiegene Kosten im täglichen Leben beschäftigen mit anhaltender Dauer der Pandemie immer mehr Menschen im unmittelbaren Umfeld. Hinzu kommt das in Feiertagen besonders schmerzhafte Gefühl der Einsamkeit und Isolation nun auch bei Kindern und Jugendlichen, die bereits seit Monaten einen regelmäßigen Kontakt zu Gleichaltrigen vermissen.

Mitgefühl und Zusammenhalt als Grundlage unserer Gesellschaft scheinen ebenso zu schwinden wie das Vertrauen in die Politik. Immer mehr Menschen blicken sorgenvoll in die Zukunft. Die neue Virusvariante Omikron ist eine unbekannte Bedrohung, der raue Ton auf der Straße ebenso. Niemand weiß, wohin sich alles entwickelt: weder die Politiker, noch die Wissenschaft. Diejenigen, die das Gegenteil behaupten, wollen nur von der Spaltung und der Unsicherheit profitieren. Indem sie viele Zweifel verstärken und die Angst nutzen, unsere Demokratie zu untergraben. Verschiedene Themen dienen ihnen dazu nur als Trägerraketen, wie früher die Zuwanderung, jetzt die Pandemie und in Zukunft wahrscheinlich der Klimawandel.

Zigtausende brennende Kerzen zeigten am Sonntag, dass die Mehrheit viel eindrucksvollere Zeichen auf der Straße setzen kann als einige radikalisierte Gruppen.

Zigtausende brennende Kerzen zeigten am Sonntag, dass die Mehrheit viel eindrucksvollere Zeichen auf der Straße setzen kann als einige radikalisierte Gruppen. Dennoch braucht es gegen die Störung der öffentlichen Ordnung, die Bedrohung von Gesundheitspersonal und Journalisten sowie Politikern deutlichere Signale als vergangenen Samstag in Wien. Obwohl Demonstranten Sperren durchbrachen und unangemeldet und damit unerlaubt durch die Innenstadt zogen, zog der zuständige Polizeichef Gerhard Pürstl eine positive Bilanz im Sinne von „Nichts schiefgelaufen”.

Es läuft zur Zeit leider einiges schief. Nicht an allem ist die Politik schuld, und nichts wird sich so schnell ohne unser Zutun lösen. Es braucht Gespräche, Geduld, Einsicht, Verständnis, aber auch eine konsequente Haltung gegenüber jenen, die meinen, sich nicht an demokratisch beschlossene Regeln halten zu müssen. Zusätzlich lässt uns das eigene Ringen mit der Pandemie die Augen vor dem Elend zahlreicher Bedürftiger verschließen. Jene in Hunger- und Kriegsgebieten weltweit, in Flüchtlingslagern oder im Niemandsland als politisches Faustpfand von Autokraten. Die Wünsche ans Christkind sind also doch nicht so bescheiden.