Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Honolulu

Politik / 04.02.2022 • 07:30 Uhr

Es war 1961, als sich maßgebliche Funktionäre der ÖVP und der SPÖ beim Rückflug von einer Weltbanktagung in Übersee (ob die Tagung in Honolulu selbst oder woanders stattfand, wäre von der zeithistorischen Forschung noch zu klären) über die Aufteilung der Posten in der Nationalbank einigten. Vom Präsidenten abwärts bis zum Portier.

„Diese Art von Abkommen gab es in abgewandelter Form offenbar auch in anderen Bereichen der Verwaltung wie auch der Justiz“

Das legendäre „Honolulu-Abkommen“ hielt freilich nur begrenzte Zeit, nämlich bis in der „Kleinen Koalition“ von SPÖ/FPÖ 1983 bis 1987 auch die FPÖ mit leitenden Posten in der Nationalbank versorgt werden musste. Einen solchen erhielt 1984 übrigens mit Karl-Werner Rüsch ein Vorarlberger.

Diese Art von Abkommen gab es in abgewandelter Form offenbar auch in anderen Bereichen der Verwaltung wie auch der Justiz. Vom Verfassungsgerichtshof über die Spitzenfunktionen im Verwaltungsgerichtshof bis hin zur Besetzung des österreichischen Richterpostens im EuGH oder beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wurden Stellen an Personen vergeben, die neben durchwegs vorhandener fachlicher Qualifikation auch eine gewisse Parteinähe aufwiesen. So konnten eine Justizministerin der SPÖ Richterin beim Europäischen Gerichtshof und ein Justizminister der ÖVP Richter am Verfassungsgerichtshof werden. Es zeigt sich also, dass hinter der aktuellen Aufregung über diverse „Sideletter“ sehr viel Heuchelei steckt.

All diese Vorgänge sind so lange zumindest erträglich, als qualifizierte Personen gewonnen werden können, auch wenn man sich vorsichtig fragen darf, wie viele möglicherweise besser qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber dadurch auf der Strecke blieben. Um genau dies zu verhindern, ist in diversen Rechtsvorschriften, wie beispielsweise dem Stellenausschreibungsgesetz, die öffentliche Ausschreibung von Funktionen vorgesehen.

Wissen Bund, Länder und Gemeinden aber überhaupt, dass Leitungsfunktionen in öffentlichen Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, nach diesem Gesetz zu vergeben sind? Wissen sie, dass das Gesetz verlangt, „die Stelle ausschließlich auf Grund der Eignung der Bewerber zu besetzen“? Und wissen sie, dass die Eignung „insbesondere auf Grund fachlicher Vorbildung und bisheriger Berufserfahrung der Bewerber, ihrer Fähigkeit zur Menschenführung, ihrer organisatorischen Fähigkeiten und ihrer persönlichen Zuverlässigkeit festzustellen“ ist? Von „Parteinähe“ ist im Gesetz hingegen nichts zu lesen.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.