Vorarlberg ist noch etwas jünger

Politik / 07.02.2022 • 04:00 Uhr
Vorarlberg ist noch etwas jünger
APA

Alterung schreitet auch hierzulande voran. Problem: Nicht alle bleiben länger gesund.

SCHWARZACH Seit dem vergangenen Jahr würden in ganz Österreich mehr ab 65- als unter 20-Jährige leben, berichtet Statistik Austria. In Vorarlberg ist es noch nicht so weit. Das Land bleibt vorübergehend etwas jünger: Laut einer Prognose der Statistik wird es erst 2029 der Fall sein. Längerfristig werden sich die Verhältnisse den bundesweiten angleichen, wird die „Alterung“ überall ähnlich sein. Die Zahl der 20- bis 64-Jährigen geht wie die der Jüngsten zurück.

Doch was bedeutet das? „Die Fragen, die damit zusammenhängen, sind vielschichtig“, betont Christine Mayrhuber vom Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO. Und überhaupt: Bei den Begrifflichkeiten muss man aufpassen: „Altern“ sei ein lebenslanger Prozess. „Alt“ steht dagegen für eine Lebensphase, die von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist. Der deutsche Gerontologe Andreas Kruse berichtet in einem Aufsatz, dass 70-Jährige, die sich fit halten, eine höhere Leistungsfähigkeit aufweisen können als 50-Jährige, die sich körperlich und geistig kaum betätigen.

Vorarlberg ist noch etwas jünger

Insofern erscheint es zweifelhaft, Alterung mit dem gesetzlichen Pensionsalter 65 in Verbindung zu bringen. Generell davon abzugehen ist jedoch gar nicht so einfach. Es gibt etwa den Vorschlag, das Pensionsalter automatisch an die Entwicklung der Lebenserwartung zu koppeln. „Theoretisch ist das zu begrüßen, praktisch bin ich skeptisch“, erklärt Mayrhuber und verweist auf die Restlebenserwartung von 65-Jährigen nach Bildungsstatus: Bei Männern, die nicht über einen Pflichtschulabschluss hinausgekommen sind, betrage sie durchschnittlich 17 Jahre, bei Männern mit Hochschulabschluss handle es sich dagegen um 20,9 Jahre. Das sind rund vier Jahre mehr oder weniger. „Dieser Unterschied ist enorm“, so Mayrhuber. Bei Frauen ist er kleiner, betragen die Restlebenserwartungen 20,7 bzw. 22,9 Jahre. Auch bei ihnen sind die einen aber kürzer in Pension als die anderen.

Dazu kommt noch die gesundheitliche Dimension. Marc Luy, der sich an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit Langlebigkeit beschäftigt, berichtet von Studienergebnissen, die ernüchternd sind: Weniger stark als die Restlebenserwartung steigt demnach die Zeitspanne, die Ältere in Gesundheit bzw. ohne Beeinträchtigungen für alltägliche Tätigkeiten verbringen. Das bedeutet letzten Endes auch, dass viele länger pflegebedürftig sind. Das macht mehr Personal dafür notwendig. Die außerdem wachsenden Pensions- und Pflegeausgaben lassen sich bewältigen, solange das Wirtschaftswachstum passt, analysiert Mayrhuber. Dafür gebe es keine Garantie. Die Coronakrise habe gezeigt, dass das nicht immer so sein muss. Im Sinne einer nachhaltigen Absicherung der Altersversorgung sollte das „stärker angesprochen werden“ – gerade weil Lösungen so schwierig sind.