EU will Schuldenregeln weiter aussetzen

Der Krieg in der Ukraine schwächt die europäische Wirtschaft.
Brüssel Die strengen EU-Schuldenregeln könnten auch im nächsten Jahr ausgesetzt bleiben, weil sich die Wirtschaftsaussichten wegen des Ukraine-Kriegs eintrüben. Das geht aus Leitlinien für die Haushalts- und Schuldenpolitik der EU-Länder hervor, die die EU-Kommission am Mittwoch für 2023 vorlegte. Die Schulden- und Defizitregeln wurden wegen der Corona-Krise ausgesetzt und sollten eigentlich nächstes Jahr wieder gelten. Das werde “angesichts der hohen Unsicherheit” bis zum Frühjahr neu bewertet, teilte die Kommission mit. “Die russische Invasion wird wahrscheinlich einen negativen Effekt auf das EU-Wachstum haben, unter anderem durch Auswirkungen auf die Finanzmärkte, weiteren Druck auf die Energiepreise, hartnäckigere Lieferketten-Engpässe und Effekte beim wirtschaftlichen Vertrauen”, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni in Brüssel. Er erwartet, dass die Energiepreise im ganz Jahr 2022 erhöht bleiben. “Europäische Sanktionen werden natürlich auch Auswirkungen und Kosten auf die EU-Wirtschaft haben”, sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis.
Seit Monaten wird in Brüssel über eine Reform der strengen Regeln für staatliche Defizite und Schulden diskutiert – auch darüber, wann sie vollständig wieder in Kraft treten sollen. Der sogenannte Stabilitäts- und Wachstumspakt sieht vor, dass EU-Länder nicht mehr als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung an Schulden aufnehmen. Haushaltsdefizite sollen bei drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gedeckelt werden. Die durchschnittliche Schuldenquote in der EU lag laut der Kommission 2021 bei 92 Prozent, in einigen Ländern wie Italien noch deutlich höher.