Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Krisenvorsorge

Politik / 04.03.2022 • 06:29 Uhr

Die Europäische Union erwartet bis zu fünf Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine, für Vorarlberg bedeutet dies bis zu 6.000 Menschen. Die Landesregierung bemüht sich nun um Wohnraum, der im Land bekanntermaßen besonders knapp ist.

„Nach den Lehren der vergangenen zwei Jahre sieht auch der Rechnungshof die Kapazitäten in den Spitälern nicht nur als bloßen Kostenfaktor.“

Anfang des Jahres ist ein Rechnungshofbericht erschienen, der sich kritisch mit den Mietverträgen des Innenministeriums für die Beschaffung von Unterkünften für Asylwerber auseinandergesetzt hat. Die Verträge seien für einen zu langen Zeitraum abgeschlossen worden. Dieser Befund liest sich wenige Wochen später in einem anderen Licht: Gut, wenn für die Erstaufnahme genügend Quartiere zur Verfügung stehen. Das Innenministerium lag nicht völlig falsch, wenn es Krisenvorsorge betrieb.

Die Kritik des Rechnungshofes ähnelt ein bisschen dem von ihm jahrelang gepredigten Mantra der viel zu hohen Zahl an Intensivbetten in den Spitälern und der Behauptung, dass es überhaupt viel zu viele Krankenhäuser samt Betten in Österreich gebe. Nach den Lehren der vergangenen zwei Jahre sieht auch der Rechnungshof die Kapazitäten in den Spitälern nicht nur als bloßen Kostenfaktor.

Krisenvorsorge hat eben immer zwei Seiten: Im Ernstfall, von dem unbekannt ist, ob und wann er eintritt, werden bestimmte Güter dringend benötigt. Solange es nicht so weit gekommen ist, fallen nur die Kosten auf.

Von kritischen Journalisten wurde auch hinterfragt, weshalb Österreich so wenig Personal in den Gesundheitsbehörden zur Verfügung hatte, als die Pandemie ausbrach. Nun ja, welchem Kontrollorgan hätte man begreiflich machen können, dass man für ein Ereignis Vorsorge betrieb, von dem man nicht wusste, ob es stattfinden würde? Und wie hätte man dies im Budget rechtfertigen können? In diesem Fall war es viel klüger, kurzfristig Personal in den Verwaltungen umzuschichten, die Bediensteten von ihren bisherigen Aufgaben abzuziehen und sie mit Aufgaben der Pandemiebewältigung zu betrauen. Das ist übrigens besser gelungen als es in der Öffentlichkeit immer wieder kolportiert wird und stellt der Flexibilität der Verwaltung ein gutes Zeugnis aus. Auch das ist Krisenvorsorge.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.