Frühlingsgefühle
Der Frühling ist eine trügerische Jahreszeit. Der Genuss der ersten Sonnenstrahlen endet gerne mit einem ordentlichen Schnupfen. Vor allem Gesundheitsminister sollten sich daher von der Aufbruchsstimmung der Natur nicht täuschen lassen. Bereits Wolfgang Mückstein hoffte wohl vor einem Jahr, dass mit steigenden Temperaturen die Infektionszahlen sinken. Das war zwar tatsächlich der Fall, aber das Virus kam in gewandelter Form zurück. Omikron befiel sehr viele, besonders traf es aber den zu wenig vorbereiteten Minister. Der politische Quereinsteiger verließ sich zu sehr auf die Kraft seines Arguments als Fachmann im politischen Entscheidungsdschungel zwischen Parteien, Regierung und Opposition sowie Bundesländern und Behörden.
Der gestern angelobte Johannes Rauch ist nicht so naiv. Er weiß, welche Herausforderungen auf ihn warten. Die anhaltend hohe Sieben-Tage-Inzidenz lässt diesmal keine trügerische Hoffnung zu, selbst wenn sich Covid-19 von der Pandemie zu einer Endemie wandelt und in Spitälern keine so schwer erkrankten Patienten mehr aufgenommen werden müssen. Die Frage ist, ob der nun dritte Gesundheitsminister in der Pandemie von seinen Parteikollegen, dem Koalitionspartner oder den Landeshauptleuten mehr Rückhalt erfahren wird. Der lange Atem, den ihm Bundespräsident Alexander Van der Bellen gestern wünschte, wird nicht ausreichen. Neben dem Pandemiemanagement warten weitere große Baustellen im Ministerium, wie Pflege oder Teuerungsausgleich. Eine dicke Haut gegen die aggressive Stimmung überall ist Rauch ebenfalls zu wünschen.
Das Ländle kann nun beweisen, dass es für Qualität steht und die Interessen von ganz Österreich zu vertreten weiß.
Beachtlich gewachsen ist mit der gestrigen Angelobung der Einfluss Vorarlbergs auf die österreichische Politik. Zwei Minister in einer Regierung gab es mit Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ) und Elisabeth Gehrer (ÖVP) überhaupt erst 2003 bis 2007. Zu Magnus Brunner im mächtigen Finanzressort und Rauch mit Pandemie-Schlüsselkompetenz kommt der Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz durch Markus Wallner sowie im Bundesrat durch Christine Schwarz-Fuchs (beide ÖVP). Das Ländle kann nun beweisen, dass es für Qualität steht und die Interessen von ganz Österreich zu vertreten weiß.
Was den heimischen Politikern gerade in sonst unsicheren Zeiten hilft, ist die politische Kontinuität. Wallner weilt hinter seinem Tiroler Kollegen Günther Platter am zweitlängsten im Amt. Weitere alte Hasen an der Spitze einer Landesregierung sind Peter Kaiser in Kärnten und Wilfried Haslauer in Salzburg. Wallner muss als Einziger im Herbst nicht in den Wahlkampfmodus umschalten. Ihm hilft auch, dass Rauch seine Nachfolge bereits vor seinem Ruf nach Wien in die Wege geleitet hat. Spätestens im nächsten Frühling steht in Tirol und Salzburg die schwarz-grüne Zusammenarbeit auf dem Prüfstand, im Süden die Koalition zwischen SPÖ und ÖVP. Bis dahin wissen wir jedenfalls, ob Rauch Gesundheitsminister kann oder Wahlkämpfer ihn aus dem Amt treiben.
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