Wirtschaftsbund, die “Blackbox” der ÖVP

900.000 Euro seit 2014 – Rechnungshof fordert Prüfung
BREGENZ Wieviel trägt der Wirtschaftsbund, der als Verein organisiert ist, mit seinem selbst betriebenen Inseratengeschäft im Mitgliedermagazin “Vorarlberger Wirtschaft“ zu den Parteifinanzen der ÖVP bei? Und könnte der Rechnungshof nun die Finanzströme vom Verein an die Partei prüfen?
Who is who
Inserenten im vom Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler organisierten Mitglieder-Magazins waren nahezu alle Vorarlberger Industriebetriebe, aber auch die landeseigene Hypobank und die Illwerke VKW. Der Gesamterlös aus den Wirtschaftsbund-Geschäften ist nicht bekannt. Und da die Beiträge des Wirtschaftsbundes an die ÖVP in den Rechenschaftsberichten unter dem Konto “Beiträge von den der Partei angehörenden Mandatare und Funktionäre” verbucht wurden, ist die Verwirrung nicht kleiner geworden.
Einnahmen der Vorarlberger ÖVP

Jahr für Jahr werden im September im VP-Rechenschaftsbericht “Erlöse aus parteieigener Tätigkeit” ausgewiesen. 479.314,73 Euro waren es im Jahr 2020, wie die Vorarlberger Volkspartei im September 2021 im Amtsblatt für das Land Vorarlberg veröffentlichte. Oppositionsparteien, aber auch der Landesrechnungshof gingen davon aus, dass dies die Zuwendungen des Wirtschaftsbundes seien. Nun sagt ÖVP-Geschäftsführer Diemtar Wetz überraschenderweise den VN: “Nein, die ÖVP hat keinen einzigen Cent Einnahmen aus parteieigener Tätigkeit.”
Beitrag alle fünf Jahre
Der “Unterstützungsbeitrag” des Wirtschaftsbundes werde “nur einmal pro Regierungsperiode” überwiesen, versuchte Landeshauptmann Markus Wallner am Dienstag zu erklären. Wo also ist der Beitrag des Wirtschaftsbundes im Rechenschaftsbericht und wie hoch ist er? “2014 waren das 400.000 Euro und 2019 einmalig 500.000 Euro”, rechnet Wetz vor. Verbucht habe man das in den öffentlichen Berichten unter “Parteisteuer” – somit ist dieser Wert von 150.000 bis 180.000 Euro alle fünf Jahre um den entsprechenden Beitrag höher (gelb markiert).
Die höheren Erträge aus “parteieigener wirtschaftlicher Tätigkeit” seien in Wahrheit Personalkostenrefundierungen vom Seniorenbund und anderen Bünden – nicht aber dem Wirtschaftsbund, sagt Wetz.
Die Finanzströme zwischen Wirtschaftsbund und ÖVP werden nun von der Großbetriebsprüfung des Finanzamts untersucht. Die Fragen:
- Sind die Inserate des Wirtschaftsbundes Mehrwertsteuerpflichtig?
- Hätten für die parteiinternen Zahlungen von 500.000 Euro 15% Steuern abgeführt werden müssen?
Interesse beim Rechnungshof
Durch die aktuelle Selbstanzeige des Wirtschaftsbundes in der Frage, ob die Inserate Mehrwertsteuerpflichtig gewesen wären, sind andere Stellen hellhörig geworden. Landesrechnungshof-Direktorin Brigitte Eggler-Bargehr hat sich die Konstellation angesehen – mit dem Ergebnis, dass dem Landesrechnungshof nach aktuellem Stand keine Prüfkompetenz zukommt. Es würden keine öffentlichen Landesgelder oder Förderungen im Wirtschaftsbund vermutet, zudem sei der Wirtschaftsbund ein Verein und keine Partei, die im Landtag vertreten sei – trotz der Dopplungen mit dem ÖVP-Personal, sagt Eggler-Bargehr: “Solche Konstrukte sind der Grund, warum von uns erweiterte Prüfkompetenzen gefordert werden. Es muss eine volle Einsicht geben, um nachrecherchieren zu können. Jetzt ist das eine ‘Blackbox’”, sagt die Landesrechnungshof-Direktorin.

Nach den Erklärungsversuchen der ÖVP über die 900.000 Euro seit 2014 seien bei ihr “mehr Fragen offen als vorher”.
Forderung nach mehr Transparenz
Eggler-Bargehr fühle sich bestätigt, hier mehr Transparenz zu fordern. “Es gibt starke Verflechtungen im Hintergrund, die könnten legitim sein, das will ich nicht verurteilen. Aber die Geldflüsse müssen transparent sein, um das beurteilen zu können. Woher kommen die Mittel und wofür werden sie verwendet – das ist der Kern jeder Gebarungskontrolle”, so die Rechnungshof-Direktorin.
Die Selbstanzeige habe der Wirtschaftsbund “als Vorsichtsmaßnahme” eingebracht, sagte Wirtschaftsbund-Direktor Hans Peter Metzler, der auch Wirtschaftskammer-Präsident ist, den VN: “Wir haben nichts falsch gemacht.” Es gehe jetzt darum das Prüfergebnis abzuwarten. Auch Landeshauptmann Markus Wallner sieht keine personellen Konsequenzen: “Das wird man besprechen, wenn die Dinge auf dem Tisch liegen.”