Pässe für Einwohner besetzter Gebiete

Ukraine-Krieg: Russland erleichtert Einbürgerung für Menschen in Cherson und Saporischschja.
kiew, moskau Mehr als drei Monate nach Kriegsbeginn will Russland besetzte Teile der Ukraine stärker an sich binden. Kremlchef Wladimir Putin unterzeichnete am Mittwoch ein Dekret, wonach Einwohner der ukrainischen Gebiete Cherson und Saporischschja zu erleichterten Bedingungen die russische Staatsbürgerschaft erhalten können. 2019 hatte Putin bereits den Einwohnern der abtrünnigen ukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk die Einbürgerung vereinfacht. Für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kommt jedoch eine Abtretung von Territorium selbst im Gegenzug für ein Ende des Krieges nicht in Frage. „Die Ukraine kämpft, bis sie ihr gesamtes Territorium zurück hat“, sagte Selenskyj bei einer Veranstaltung der Victor-Pinchuk-Stiftung in Davos. Er war digital zu der Diskussion am Rande der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums zugeschaltet.
„Keine Vermittler“
Zu Gesprächen bereit sei er, falls sich Russland in die Gebiete zurückziehe, in denen es vor Kriegsbeginn im Februar war, sagte Selenskyj. „Ich kann nur mit dem Präsidenten direkt sprechen, keine Mittelspersonen, keine Vermittler.“ Die ukrainische Regierung befürchtet, dass Russland sich die Regionen Luhansk, Donezk und Cherson nach dem Vorbild der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim einverleiben könnte. Die Volksrepubliken Luhansk und Donezk hatte Putin bereits gegen heftige internationale Kritik als unabhängige Staaten anerkannt. Im Osten der Ukraine sind die russischen Truppen nach Angaben aus Kiew zur Offensive übergegangen und führen Kämpfe um die Großstadt Sjewjerodonezk im schwer umkämpften Gebiet Luhansk. Auch die nahe gelegene Stadt Lyman sei Ziel der russischen Bodenoffensive, unterstützt durch Luftangriffe und Artillerie.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba rief zu einem kompletten Stop des westlichen Handels mit Russland auf. Die Sanktionen müssten auf ein nächstes Level gebracht werden. Moskau forderte angesichts der von seinem Krieg gegen die Ukraine verursachten Nahrungsmittelkrise hingegen eine Lockerung westlicher Strafmaßnahmen.
Die Vermögen russischer Oligarchen sollen unterdessen nach dem Willen der EU-Kommission einfacher beschlagnahmt werden können, wenn sie EU-Sanktionen unterlaufen. Nach Angaben der Kommission umgehen kremlnahe russische Milliardäre die Sanktionen bislang etwa dadurch, dass sie Jachten in internationale Gewässer bringen oder Vermögen auf andere Eigentümer übertragen. Deshalb schlug die Behörde vor, derlei Umgehung in die Liste der EU-Verbrechen aufzunehmen, um Verstöße gegen Strafmaßnahmen in allen EU-Staaten gleichermaßen zu verfolgen und zu bestrafen. Das beschlagnahmte Geld könnte für den Wiederaufbau der Ukraine genutzt werden.