Ärztekammer zur Kassenfusion: Ruf nach Budgethoheit und regionalen Lösungen

Politik / 06.07.2022 • 05:30 Uhr
Die einst türkis-blaue Bundesregierung versprach sich Einsparungen von einer Milliarde durch die Kassenreform. Laut Rechnungshof entstanden allerdings Mehrkosten von über 200 Millionen <br>Euro. <span class="copyright">APA</span>
Die einst türkis-blaue Bundesregierung versprach sich Einsparungen von einer Milliarde durch die Kassenreform. Laut Rechnungshof entstanden allerdings Mehrkosten von über 200 Millionen
Euro. APA

Präsident Burkhard Walla bezeichnet die Zusammenlegung als Rohrkrepierer und fordert regionale Kompetenz zurück.

Wien „Sie glauben gar nicht, wie lange die Wege nach Wien sind.“ Seit der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur ÖGK sei alles sehr mühsam geworden, klagt der Vorarlberger Ärztekammerpräsident Burkhard Walla. Die Fusion sei ein Rohrkrepierer. „Die regionalen Ansprechpartner in der Krankenkasse, sprich Manfred Brunner oder Christoph Jenny, haben keine Kompetenz mehr. Wir brauchen wieder regionale Entscheidungsbefugnisse.“ Derzeit habe die stark reduzierte Funktionärsebene in Vorarlberg fast nichts mehr zu sagen: „Wir hatten das Land eigentlich gut im Griff, gemeinsam die Probleme beleuchtet und versucht, Lösungen zu finden“, erinnert sich Walla. Nun sei man von der Zentrale in Wien abhängig, wo die Entscheidungen nicht nur sehr lange dauerten, sondern Lösungsvorschläge ohne Rücksicht auf regionale Bedürfnisse abgeschmettert würden.

Die Wege nach Wien seien viel zu lang, sagt Walla. <span class="copyright">VN</span>
Die Wege nach Wien seien viel zu lang, sagt Walla. VN

Walla erinnert in diesem Zusammenhang an die Misere bei den Augenärzten. Vergangenen Monat galten noch sechs Kassenstellen als unbesetzt, für drei wurde mittlerweile eine Nachfolge gefunden. VN-Recherchen zeigen, dass neue Patientinnen und Patienten kaum eine Chance auf einen Kontrolltermin haben. Von sechs Anfragen, war eine erfolgreich. Wartezeit bis zum Termin: 229 Tage.

“Für die ÖGK war unser Ansatz kein Thema”

Bereits im Herbst habe ein Krisengipfel mit Beteiligung von Ärztekammer, ÖGK und Land Vorarlberg stattgefunden. Ein Vorschlag sei gewesen, das Honorarmodell so zu verändern, dass zusätzliche Leistungen besser honoriert würden. „Damit es sich für Augenärzte, wenn sie mehr Leistung bringen, auch rentiert“, erklärt Walla. Mit dem aktuellen Kassenmodell sinkt – vereinfacht beschrieben – mit der steigenden Zahl der Leistungen die Vergütung pro Behandlung (degressives Modell). Der Ärztekammerpräsident ist überzeugt, dass mit besserer Honorierung mehr Terminplätze für Patienten geschaffen worden wären: „Im Frühjahr hat man uns aber lapidar mitgeteilt, dass dieser Ansatz für die ÖGK kein Thema ist.“ Regionale Bedürfnisse und der akute Mangel seien von der Zentrale nicht berücksichtigt worden.

Im Bereich der Augenheilkunde sind noch nicht alle Kassenstellen nachbesetzt. <span class="copyright">APA</span>
Im Bereich der Augenheilkunde sind noch nicht alle Kassenstellen nachbesetzt. APA

Seitens der Landesregierung wird auf diese Erzählung auf VN-Nachfrage kaum eingegangen. Nur so viel will man sagen: Die Versorgung im niedergelassenen Bereich sei Aufgabe der Selbstverwaltung, also von Sozialversicherung und Ärztekammer. Man habe aber mehrmals zu Abstimmungsrunden mit allen Systempartnern eingeladen. Inhalte seien unter anderem die Förderung des Nachwuchses, Lehrpraxismodelle für Augenheilkunde oder Teilkassenverträge für Spitalsbedienstete gewesen. Ebenso sei die Degression in der Honorarordnung der ÖGK angesprochen worden. „Die Lösungsansätze werden nun Schritt für Schritt abgearbeitet.“

Im Hintergrund hört man aber auch, dass die ÖGK die Honorarordnung nicht einfach für eine Fachgruppe abändern wollte. Ebenso sei die Forderung nach mehr Bezahlung sachlich kaum gerechtfertigt gewesen, zumal die Ärzte zusätzliches Personal benötigt hätten, um mehr Termine zu schaffen. Solche Orthoptisten, die für Entlastung sorgen hätten können, gebe es in Vorarlberg aber nicht. Daher habe man den Vorschlag abgelehnt, heißt es im ÖGK-Umfeld. Der Vorschlag verlief nach Ablehnung der ÖGK-Zentrale zumindest vorerst im Sand.

Wunsch nach Beitragshoheit

„Was wir bräuchten, ist die Möglichkeit, dass wir im Vertragspartnerbereich wieder selbst entscheiden, wo wir die Vorarlberger Beiträge am besten einsetzen“, fordert Ärztekammerpräsident Walla. Manfred Brunner und Christoph Jenny, die halbjährlich den Vorsitz der Vorarlberger ÖGK-Landesstelle innehaben, müssten wieder die Befugnis erhalten, tatsächlich Zusagen zu machen.