Schöbi-Fink: “Personalmangel an Schulen als große Herausforderung”

Politik / 29.08.2022 • 05:00 Uhr
"In der Schulautonomie liegt sehr viel Potential", sagt Barbara Schöbi-Fink. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
"In der Schulautonomie liegt sehr viel Potential", sagt Barbara Schöbi-Fink. VN/Paulitsch

VN-Schulserie: Landesstatthalterin appelliert an den Bund, Schritte zu setzen.

Bregenz Die Coronapandemie spielt auch im kommenden Schuljahr eine Rolle. Das sagt Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) zu den VN. Flächendeckende Schulschließungen werde es aber nicht geben. Mit Blick auf die schwierige personelle Situation bemühe sich Vorarlberg, auch Lehrende aus anderen Bundesländern und aus dem benachbarten Grenzgebiet zu gewinnen.

Befinden wir uns wieder in einer Situation, in der man sich ausschließlich mit spezifischen Schulthemen beschäftigen kann, oder steht über allem doch immer noch der Schatten von Corona?

Corona wird uns auch in diesem Herbst begleiten. In welchem Ausmaß können uns auch Expertinnen und Experten noch nicht sagen. Mein Fokus liegt aber, wie auch schon im letzten Schuljahr, in der Weiterentwicklung und Verbesserung der Rahmenbedingungen an den Schulen, soweit diese in die Kompetenz des Landes fallen.

Wie sehr fürchten Sie Corona noch, und wie gut sind die Schulen im Herbst auf eine mögliche Eskalation der Corona-Situation vorbereitet?

Die Schulen haben in den letzten beiden Jahren sehr viel an Erfahrungen gesammelt und auch in der Pandemiebekämpfung Unglaubliches geleistet.  Zudem wissen wir alle mehr über das Virus. Wir sind uns alle klar: Eine flächendeckende Schließung der Schulen soll es nicht mehr geben. Selbstverständlich bereitet sich der Bund mittels eines Variantenmanagementplans aber auch auf den Schulstart und das kommende Schuljahr vor.

Worauf sind Sie im Rückblick auf das vergangene Jahr besonders stolz?

Ich bin stolz darauf, wie gut die Betroffenen, also Schülerinnen und Schüler, Lehrende und Direktorinnen und Direktoren die Herausforderungen gemeistert haben. In Zeiten des Personalmangels, der Pandemie und des Ukraine-Krieges waren das Engagement und der Einsatz ungebrochen. Zudem bin ich froh, dass wir das Projekt zur Veränderung der Ressourcenzuteilung abgeschlossen haben und gleichzeitig die administrative Unterstützung an den Pflichtschulen deutlich ausgebaut haben.

Was ist Ihnen aus Ihrer Sicht weniger gelungen?

Es ist zu wenig gelungen, ein positives Bild von unseren Schulen und den Leistungen, die hier erbracht werden, zu transportieren. Das hätten sie nämlich verdient. Mein Anliegen ist es, die Schulen noch mehr in Ruhe arbeiten lassen. Ich habe großes Vertrauen in die Schulleitungen und die Kollegien, dass sie ihre Aufgabe engagiert und bestmöglich wahrnehmen.

Wo sehen Sie Ihre Schwerpunkte für das kommende Schuljahr?

Der Personalmangel ist sowohl für die Bildungsdirektion für Vorarlberg als Dienstgeber als auch für die Schulen eine große Herausforderung. In der Landesregierung tun wir alles, was in unserer Kompetenz liegt und wir auch rechtlich dürfen, um so viele Menschen als möglich für den Beruf zu begeistern. Gleichzeitig brauchen wir heuer und in den kommenden Jahren Lehrende aus anderen Bundesländern oder aus dem benachbarten Grenzgebiet. Ihnen bieten wir Goodies wie zum Beispiel einen Mietzuschuss und ein Klimaticket, damit das Hochpreisland Vorarlberg für sie attraktiver wird.

Wird es vor dem Schulstart wieder einen Schulgipfel mit allen Schulpartnern geben?

Das habe ich geplant, ja.

Wie würden Sie Ihr Verhältnis zur Lehrerschaft und den Lehrervertretern beschreiben?

Ich würde das Verhältnis als konstruktiv und wertschätzend beschreiben. Wir haben viele offene und kritische Gespräche und Diskussionen geführt. Das gegenseitige Verständnis von unterschiedlichen Rollen und Aufgaben war für mich spürbar.

Die Lehrerinnen und Lehrer beklagen unter anderem, dass man bei der Gewährung Sabbaticals sehr streng geworden sei und man sie fast aufdringlich um die Annahme möglichst vieler Unterrichtsstunden bitte. Wie sehen Sie das?

Im Angesicht des Mangels an ausgebildeten Lehrpersonen brauchen wir jede und jeden im Unterricht. Wir prüfen daher die Anträge ganz genau und da kann es vorkommen, dass ein Antrag nicht genehmigt werden kann.

Wann sollten die Bemühungen zur Rekrutierung von mehr Personal Früchte tragen?

Die Bemühungen tragen schon Früchte. Es kommen für dieses Schuljahr deutlich mehr Lehrerinnen und Lehrer aus anderen Bundesländern oder dem benachbarten Grenzgebiet. Die Projektstelle „Arbeitsplatz: Schule“ meldet laufend telefonische Anfragen von Interessierten, die Zugriffe auf die neu geschaffene „Landing page“ sind erfreulich. Klar ist aber auch, das wir vor allem für die mittel- und langfristigen Maßnahmen die Unterstützung des Bundes brauchen. Denn alles, was Lehrerausbildung und Dienstrecht anbelangt, ist zu 100 Prozent Bundeskompetenz, und hier appelliere ich vehement an den Bund, geeignete Schritte zu setzen, um mehr Menschen für den Lehrerberuf zu begeistern. Der Personalmangel ist aber nicht nur in der Bildung, sondern auch in fast jedem anderen Berufsfeld angekommen.

Die Gemeinsame Schule, als Empfehlung des Forschungsprojekts von der Landespolitik angenommen, wird wieder diskutiert. Was kann sich da weiterentwickeln?

Wir setzen alle Empfehlungen und sogar noch mehr um, beispielsweise die Digitalisierung an den Schulen, der Acht-Punkte-Plan, eine erhöhte administrative Entlastung … Die Expertinnen und Experten haben damals von acht bis zehn Jahren gesprochen – wir sind jetzt ca. in der Hälfte der Zeit. Unsere Mittelschulen haben in meiner Wahrnehmung deutlich an Profil und Attraktivität gewonnen.

Sie haben vor einem Jahr Ihre Sehnsucht nach mehr Miteinander in der Schule zum Ausdruck gebracht. Ist es dazu gekommen?

In vielen Gesprächen habe ich das gemeinsame Anliegen geortet, unser Bildungssystem positiv weiterzuentwickeln. Zu hören war auch der Appell, die Schulen in Ruhe arbeiten zu lassen. Die Pädagoginnen und Pädagogen können das. Und auch wenn es nicht alle gerne hören: In der Schulautonomie liegt sehr viel Potential, und die Schulen können hier auf meine und auf die Unterstützung der Bildungsdirektion bauen.

Welche neue Regelung bei der Anstellung von Quereinsteigern zur Verhinderung der Sommerarbeitslosigkeit könnten Sie sich vorstellen?

Ich will den Lehrpersonen, die unterjährig bei uns einsteigen, künftig einen Vertrag anbieten, der bis zum Ende des darauffolgenden Schuljahres läuft. Im Moment prüft die Bildungsdirektion die rechtlichen Rahmenbedingungen. So stellen wir auch sicher, dass die Lehrpersonen eine gewisse berufliche Sicherheit haben.

Persönliche Frage zum Schluss: Wie stark sind Sie durch die Übernahme der Agenden des Landeshauptmanns für Ihre Tätigkeit als Schullandesrätin blockiert?

Ich darf auf eine bestens funktionierende Verwaltung zurückgreifen und bin froh um die Unterstützung. Gemeinsam mit meinen Regierungskolleginnen und-kollegen arbeiten wir kontinuierlich weiter. Selbstverständlich werden alle Ressorts intensiv bearbeitet und wichtige Weichen gesetzt – auch im Schulbereich.