Ukraine erobert wichtige Gebiete zurück

Der Vormarsch der Ukraine versetzt Kiew in Staunen und Moskau in Wut.
Isjum, Moskau Kupjansk als Eisenbahnknoten mit Anschluss an das russische Bahnnetz diente zur Versorgung der Truppen. Von Isjum und Balaklija aus sollten die Angreifer die ukrainischen Verteidiger im Großraum Slowjansk-Kramatorsk, der letzten von Kiew gehaltenen Festung im Donbass, in die Zange nehmen. Doch innerhalb weniger Tage haben Kiewer Truppen riesige Gebietsabschnitte zurückerobert.
Der ukrainische Generalstab sprach am Sonntag von mehr als 3000 Quadratkilometern. Im Gebiet Charkiw kommt die Armee nicht nur in südlicher und östlicher Richtung voran, sondern auch nach Norden in Richtung Staatsgrenze. Im Laufe des Sonntags zogen sich die russischen Truppen aus weiteren Grenzorten zurück.nDer Einschätzung der US-amerikanischen Militärexperten vom Institute for Study of War nach übersteigen die ukrainischen Geländegewinne binnen weniger als einer Woche diejenigen der Russen seit April.
Der schnelle Vorstoß beweglicher ukrainischer Einheiten zwang rund 10.000 russische Soldaten im Gebiet Charkiw zu einem hastigen Rückzug gen Osten. Zurückgelassene Panzer, Ausrüstung, Waffen und Munition sprechen nicht für einen planmäßigen Abzug.
Fünftel der Ukraine besetzt
Ein Wendepunkt im Krieg? Noch immer hält Russland gut ein Fünftel des Staatsgebiets besetzt, einschließlich der Halbinsel Krim. Doch die Stimmung hat sich gedreht. Für Kiew ist der Vormarsch auch aus Imagegründen wichtig, um weitere Waffenlieferungen aus dem Westen mit realen Ergebnissen rechtfertigen zu können.
In Kiew pendelt die Stimmung zwischen Stolz und Staunen. Das hatten viele Ukrainer ihrer Armee nicht zugetraut. Der Krieg ist damit noch lange nicht vorbei, warnen Experten. Das Angriffspotenzial Russlands ist weiterhin groß. Doch die Niederlage habe auch massive taktische Defizite der russischen Militärführung und die mangelnde Moral der russischen Kämpfer aufgezeigt. Der Ärger über die militärische Führung ist gerade im ultrarechten Lager der Kriegsbefürworter gewaltig. Die politische Führung in Moskau, die die Niederlage praktisch ignoriert hat, kommt damit unter Druck. „Gotteslästerlich und wahnsinnig hat heute der Salut in Moskau vor dem Hintergrund der ukrainischen Offensive in Charkiw ausgesehen“, kritisierte etwa ein Blog das große Feuerwerk zum Stadtgeburtstag Moskaus am Wochenende. Das ausgiebige Feiern angesichts der eigenen Niederlage haben viele Russen als unpassend empfunden.
Symbolträchtige Panne für Putin
Symbolträchtig für die Pannenserie der russischen Führung ist eine weitere Episode. Unbeeindruckt vom Kampfgeschehen wurde Präsident Wladimir Putin scherzend bei der Einweihung verschiedener Anlagen zu Moskaus Stadtgeburtstag im Staatsfernsehen gezeigt. Unter anderem setzte er selbst ein Riesenrad in Bewegung – das höchste in ganz Europa, hieß es. Einen Tag später musste die Anlage wegen eines technischen Schadens erst einmal außer Betrieb genommen werden. Es läuft gerade nicht für den Kremlchef.