Selenskyj besucht überraschend Isjum

EU-Kommissionspräsidentin versprach 100 Millionen Euro zum Wiederaufbau zerstörter Schulen in der Ukraine.
Kiew, Straßburg Rund 8000 Quadratkilometer haben die ukrainischen Truppen nach eigenen Angaben seit Anfang September in der Region Charkiw zurückerobert. Russische Soldaten haben sich in vielen Gebieten zurückgezogen und Kriegsgerät zurückgelassen. Am Mittwoch stattete der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Isjum, einer Stadt in der Region Charkiw, einen Überraschungsbesuch ab.
Dort kündigte er ein weiteres Vorrücken der ukrainischen Armee an: „Wir bewegen uns nur in eine Richtung – vorwärts und bis zum Sieg“. Die Freude über die jüngsten militärischen Erfolge wurde durch erste Berichte ukrainischer Behörden zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen der Besatzer getrübt.
Moskau bleibt unnachgiebig und rechtfertigte den inzwischen mehr als 200 Tage andauernden Angriffskrieg gegen das Nachbarland einmal mehr. Der Kreml bezeichnete ein von der Ukraine vorgelegtes Konzept für Sicherheitsgarantien als Gefahr für Russland. Die Ukraine strebe weiter eine Nato-Mitgliedschaft an, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Russlands Position zu dem Konzept sei „negativ“.
Keine Ende der EU-Sanktionen
Zur weiteren Unterstützung der Ukraine reiste EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in das von Russland angegriffene Land und traf dort Selenskyj. Sie wolle bei ihrer Reise nach Kiew auch darauf hinarbeiten, dass die Ukraine einen Zugang zum europäischen Binnenmarkt bekommt. Sie versprach der Ukraine bei einer Rede im Europaparlament in Straßburg zudem 100 Millionen Euro zum Wiederaufbau zerstörter Schulen. Die Angriffe Russlands hätten mehr als 70 Schulen in der Ukraine zerstört.
Mit einer Aufhebung der EU-Sanktionen rechnete von der Leyen nicht auf absehbare Zeit. Moskau trage die Verantwortung dafür, dass die russische Wirtschaft den Anschluss verliere. Der Krieg sei nicht nur gegen die Ukraine gerichtet, betonte sie: „Das ist ein Krieg gegen unsere Energieversorgung, unsere Wirtschaft, unsere Werte und unsere Zukunft.“
Auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim verhängte ein Gericht unterdessen Haftstrafen wegen eines ukrainischen Liedes. Das Gericht in der Stadt Bachtschissarai ordnete für sechs „Organisatoren und Teilnehmer der Hochzeit“ Haftstrafen zwischen fünf und 15 Tagen sowie Ordnungsstrafen von umgerechnet mehr als 800 Euro an, wie örtliche Medien berichteten. Das Lied wurde in den Berichten als „Kampflied ukrainischer Nationalisten“ bezeichnet. Ein Video zeigt, wie die Hochzeitsgäste ausgelassen zu jenem Lied tanzten, das zum Symbol des ukrainischen Widerstands gegen den russischen Einmarsch vom Februar wurde.
Als rechtliche Grundlage dienten dem Gericht Paragrafen zum Verbot „nazistischer Symbolik“ und das Verbot zur Diskreditierung der russischen Streitkräfte. Der Besitzer des Restaurants distanzierte sich später in einem Video von dem Vorfall. Die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel Krim war im Frühjahr 2014 nach dem prowestlichen Umsturz in Kiew von Russland annektiert worden.