Gute Tipps
In Krisenzeiten geben die Regierenden gerne gute Tipps. Manchmal sind diese, wie die Empfehlung der Schweizer Bundesrätin Sommaruga, zu zweit zu duschen, eher halblustig und zumindest von zweifelhaftem wirtschaftlichem Wert.
„Die Menschen müssen sich nicht sagen lassen, wo sie sparen können.“
Die jüngst bekannt gemachten Empfehlungen der österreichischen Bundesregierung zum Energiesparen sind demgegenüber überhaupt nicht lustig, aber kaum besser. So sollen wir kälter duschen und auf das Baden verzichten. Die Menschen müssen sich nicht sagen lassen, wo sie sparen können. Man erinnert sich ein bisschen an die der Ehegattin des Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß in den 1930er-Jahren zugeschriebene Empfehlung an die hungernden Österreicherinnen und Österreicher, dass man aus einer Wursthaut auch noch eine gute Suppe machen kann. Der Ratschlag kam nicht besonders gut an.
Die Politik hatte durchaus Zeit, sich um die Sicherung der Energieversorgung Österreichs im Krisenfall zu kümmern. Aber wenn man erst am 24. Februar 2022 damit anfängt, ist es zu spät. Nach Monaten des Beschwichtigens wird von der Bundesregierung nun eingeräumt, dass der Winter „nicht normal“ werden könnte, was immer darunter zu verstehen ist. Entgegen den früheren Ankündigungen helfen nunmehr auch offenbar vergleichsweise gut gefüllte Gasspeicher nicht, um uns über den Winter zu bringen. Wie soll man unter diesen Voraussetzungen auch nur irgendeiner Aussage der Politik Vertrauen schenken?
Statt gute Tipps zu geben, wäre es sinnvoller, die Pläne der Bundesregierung offenzulegen, wie der kommende Winter bewältigt werden soll, falls es solche gibt. Die Öffentlichkeit würde gerne verbindlich erfahren, welche Bereiche der Wirtschaft mit Gas versorgt werden können und welche nicht, und ob die Schulen abermals geschlossen werden. Aber dazu müssten die Ministerien in der Lage sein, vorausschauend Szenarien zu konkretisieren. Dass sie damit Schwierigkeiten haben, wurde in der Corona-Krise bereits hinreichend bewiesen.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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