Chaos im US-Kongress

Gescheiterte Wahl des Vorsitzenden im Repräsentantenhaus: Trump schaltet sich ein.
washington Nach mehreren ergebnislosen Wahlgängen setzt das US-Repräsentantenhaus die Abstimmung über den mächtigsten Posten im amerikanischen Parlament fort. Am Dienstag hatte der Republikaner Kevin McCarthy die erforderliche Mehrheit bei der Wahl zum Vorsitzenden der Parlamentskammer dreimal verfehlt, weil ihm diverse Parteikollegen die Unterstützung verweigerten. Für den 57-Jährigen ist das eine historische Schlappe und eine öffentliche Bloßstellung.
Aufruf zur Wahl
Am Mittwoch schaltete sich der frühere US-Präsident Donald Trump ein und rief seine Parteikollegen auf, einen Gesichtsverlust zu vermeiden und McCarthy auf den Chefposten zu wählen. Es war aber völlig unklar, ob es gelingen würde, die parteiinternen Rebellen umzustimmen. Nach den Parlamentswahlen im November war der Kongress am Dienstag erstmals in neuer Konstellation zusammengekommen. Die Republikaner übernahmen die Kontrolle im Repräsentantenhaus – im Senat haben die Demokraten von Präsident Joe Biden weiter eine knappe Mehrheit.
Der erbitterte interne Kampf der Republikaner um die Führung im Repräsentantenhaus überschattete den Auftakt in eine neue Legislaturperiode. Es ist das erste Mal seit hundert Jahren, dass bei der Wahl mehr als ein Anlauf nötig ist und eine Fraktion ihren Kandidaten nicht im ersten Durchgang ins Amt wählt. Angesichts einer knappen Mehrheit ist McCarthy auf fast jede Stimme angewiesen. Wenn alle Abgeordneten anwesend sind und abstimmen, benötigt er 218 Stimmen. In den ersten beiden Anläufen fielen nur 203 auf ihn – bei der dritten nur noch 202. Damit holte er weniger Stimmen als sein demokratischer Konkurrent Hakeem Jeffries. Der Fraktionschef der Demokraten wurde von seiner Partei für den Posten nominiert. Es gilt als ausgeschlossen, dass er das Rennen macht. Dafür würde er Stimmen der Republikaner benötigen.
Der Widerstand gegen McCarthy kommt vom rechten Rand der Fraktion. Trump versuchte am Mittwoch, den Abweichlern ins Gewissen zu reden. Auf der von ihm mitbegründeten Social-Media-Plattform Truth Social schrieb der Ex-Präsident: „Gestern Abend fanden einige wirklich gute Gespräche statt, und jetzt ist es an der Zeit, dass alle unsere großartigen republikanischen Abgeordneten für Kevin stimmen.“ Er appellierte an seine Parteikollegen: „Verwandelt einen großen Triumph nicht in eine riesige und peinliche Niederlage.“ McCarthy werde einen guten Job machen, „und vielleicht sogar einen großartigen“.
Es war trotzdem völlig offen, ob McCarthys Gegner einlenken könnten – und ob die Abgeordneten, die bisher loyal hinter dem 57-Jährigen standen, dies auch weiterhin tun werden. Bis der Vorsitz geklärt ist, geht gar nichts: Die Kongresskammer kann nicht ihre Arbeit aufnehmen, nicht mal die neuen Abgeordneten können vereidigt werden.