Neuseelands Regierungschefin tritt zurück

Jacinda Ardern stellt sich nach sechs Jahren keiner neuen Wahl. Ihre Chancen wurden zuletzt schlecht eingeschätzt.
Wellington Jacinda Ardern ist für Frauen eine Quelle der Inspiration gewesen: Mit 37 wurde sie 2017 neuseeländische Ministerpräsidentin, 2018 war sie erst die zweite Regierungs- oder Staatschefin, die im Amt ein Kind zur Welt brachte. Die neugeborene Tochter wurde dann auch zur Generaldebatte der UN-Vollversammlung nach New York mitgenommen. Ardern führte auch vor Augen, dass man als Politikerin nicht unbedingt verheiratet sein muss. Am Donnerstag gab sie ihren Rücktritt bekannt.
In Neuseeland hatte es Ardern mit zunehmendem politischem Druck zu tun bekommen. Die Kritik war manchmal auffallend heftig, etwas, was vorherigen Regierungschefs in dem Land erspart blieb. Dennoch war die Ankündigung von Ardern für viele Neuseeländerinnen und Neuseeländer ein Schock. Bereits am 7. Februar ist Schluss für Ardern im Amt. Sie ließ bei ihrer Bekanntgabe auch Stolz auf ihre Leistungen als Regierungschefin durchblicken. Auch mit Tragödien hatte es Ardern im Amt zu tun. Im März 2019 erlebte Neuseeland einen der dunkelsten Tage in seiner Geschichte, als ein Rassist zwei Moscheen in Christchurch angriff und 51 Menschen tötete. Nach dem Angriff leitete Ardern innerhalb weniger Wochen eine neue Gesetzgebung in die Wege, um die stärksten halbautomatischen Waffen zu verbieten. Bei einem Programm unter Leitung der Polizei wurden später mehr als 50.000 Waffen zerstört.
Corona-Management gelobt
Der Umgang Arderns mit der Coronavirus-Pandemie brachte ihr zunächst auch Lob ein. Neuseeland schaffte es anfangs, das Coronavirus an den Landesgrenzen aufzuhalten. Doch die Null-Toleranz-Strategie war nicht mehr brauchbar, als sich ansteckendere Varianten verbreiteten und Impfstoffe verfügbar wurden. Ardern ließ aber auch erkennen, dass die Kritik nicht einfach an ihr vorbeiging. Sie kündigte im Dezember eine Untersuchungskommission an, die sich damit befassen werde, ob die Regierung richtig gegen die Pandemie vorgegangen sei, und wie sie sich besser auf künftige vorbereiten könne.
Der Regierung wurde aber auch vorgeworfen, dass sie zwar große Ideen habe, aber schlecht in der Ausführung sei. Unterstützer befürchteten, dass die Regierung nicht wie versprochen genug geleistet habe, um für mehr Unterkünfte zu sorgen und gegen Kinderarmut vorzugehen. Gegner kritisierten, dass sie nicht mehr gegen Kriminalität und Inflation tue. Es gab einen Bauernprotest gegen Pläne, den CO2-Ausstoß zu besteuern.
Schlechte Wahlchancen
Letztendlich sahen die Wahlchancen für Ardern nicht gut aus. Jüngsten Umfragen zufolge war die Mitte-links-Partei Labour von Ardern hinter den konservativen Rivalen. 2020 hatte die Labour Party noch mit einem historischen Wahlergebnis gewonnen.
Nach ihrem Rücktritt will Ardern ihren Verlobten heiraten. Die Hochzeitspläne lagen jahrelang wegen Corona auf Eis.