Justizreform in Israel vorerst verschoben

Politik / 27.03.2023 • 22:40 Uhr
Hunderttausende Menschen versammelten sich, wie hier vor der Knesset.AP
Hunderttausende Menschen versammelten sich, wie hier vor der Knesset.AP

Der Widerstand gegen das Vorhaben ist zuletzt größer geworden.

Tel Aviv Nach massiven Protesten hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einen vorübergehenden Stopp der umstrittenen Justizreform angekündigt. „Ich habe entschieden, die zweite und dritte Lesung in dieser Sitzungsperiode auszusetzen“, sagte Netanjahu am Montag in Jerusalem. Das Gesetzesvorhaben wird damit frühestens Ende April im Parlament zur Abstimmung vorgelegt.

„Wir befinden uns mitten in einer Krise, die unsere essenzielle Einheit gefährdet“, sagte Netanjahu. Er warnte vor einem Bürgerkrieg, zu dem es nicht kommen dürfe. „Alle müssen verantwortlich handeln“, sagte er. Deshalb strecke er seine Hand zum Dialog aus.

Organisatoren der seit Wochen anhaltenden Demonstrationen kündigten an, die Proteste fortzusetzen. „Die Regierung hat Israel der Zerstörung nahe gebracht und sie droht immer noch, die Demokratie zu demontieren. Ein vorübergehendes Einfrieren reicht nicht aus und die nationalen Proteste werden sich weiter verschärfen, bis das Gesetz in der Knesset abgelehnt wird“, hieß es am Abend in einer Mitteilung.

Der Preis für die Verschiebung

Israels Polizeiminister Itamar Ben-Gvir hatte vor Netanjahus Rede mitgeteilt, er habe sich mit ihm auf eine Verschiebung verständigt. Im Gegenzug soll eine „Nationalgarde“ unter der Führung des rechtsextremen Politikers eingerichtet werden. Was dies konkret bedeutet, war zunächst nicht klar.

Kritiker sprachen jedoch bereits von einer steuerfinanzierten Privatarmee Ben-Gvirs. Sie äußerten die Sorge, die bewaffneten Einsatzkräfte könnten etwa brutaler gegen Demonstranten des liberalen Lagers vorgehen als die Polizei. Ben-Gvir hatte mehrfach das Vorgehen der Polizei gegen die Proteste als zu schwach kritisiert. In sozialen Netzwerken wurde außerdem die Befürchtung geteilt, dass diese neuen Kräfte gegen Palästinenser im Westjordanland eingesetzt werden könnten.

Medienberichten zufolge waren Ben-Gvir und Netanjahu zuvor zu einer Krisensitzung zusammengekommen, in der Ben-Gvir mit seinem Rücktritt gedroht haben soll, sollte Netanjahu nicht an den Reformplänen festhalten. Zuvor waren erneut Zehntausende Menschen auf die Straßen geströmt, um gegen die umstrittenen Pläne der Regierung zu protestieren.