Vier Thesen zur Zukunft der SPÖ unter Doskozil

Wie es in der Partei nun weitergeht: Das sagen die Experten.
Schwarzach, Wien Hans Peter Doskozil hat es geschafft. Der burgenländische Landeshauptmann setzte sich gegen seinen Konkurrenten, den Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler auf dem SPÖ-Parteitag in Linz durch. Auf den neuen Chef der Sozialdemokraten kommen nun aber schwierige Aufgaben zu. Es folgen vier Thesen, wie es in der SPÖ jetzt weitergehen könnte.
Doskozil muss auf die Kritiker in der Partei zugehen.
Der burgenländische SPÖ-Chef entschied die Abstimmung unter den Delegierten am Wochenende und damit den SPÖ-Machtkampf zwar für sich. Doch die Mitgliederbefragung zuvor war denkbar knapp ausgegangen. Es zeigten sich fast drei gleich starke Lager – auch wenn die Drittplatzierte, die bisherige Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner, wie zuvor angekündigt, noch vor dem Parteitag ihren Rückzug wahr machte. Viele in der Partei dürften Doskozil die jahrelangen Querschüsse aus seinem Lager gegen Rendi-Wagner nicht so schnell verzeihen. Unterstützerinnen und Unterstützer Bablers hätten sich zudem einen dezidiert linken Kurs gewünscht. Befragt, wie ein parteiinterner Versöhnungsprozess aussehen könnte, nennt die Politologin Katrin Praprotnik eine Kombination aus Inhalten und Personen. „Sollte der innere Zirkel künftig nur aus dem Team Doskozil und ausschließlich aus Männern bestehen, wäre das ein denkbar schlechtes Signal.“ Geht es um politische Inhalte, glaubt die Expertin an eine Einigung, und nennt in diesem Zusammenhang etwa die Debatte rund um Mindestlohn und die Rolle der Gewerkschaften. Diesbezüglich gab es schon am Parteitag versöhnliche Töne.
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Der Politikberater Thomas Hofer glaubt auch an Zugeständnisse auf der personellen Ebene. „Da sind in der Opposition allerdings nicht so viele Positionen zu vergeben.“ Konkret nennt der Experte etwa die Bundesgeschäfts- und Klubführung. Personen in der Partei, die immer wieder genannt werden, sind der frühere Bundesgeschäftsführer Max Lercher und die Abgeordnete Julia Herr, aber auch die Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner. Babler selbst sofort einzubinden, werde schwierig, solange es keine konkreten Positionen zu verteilen gebe, sagt Hofer. „Man kann ihm einen symbolischen Posten anbieten, aber damit wird er sich mittelfristig nicht abspeisen lassen. Fraglich ist, ob Doskozil vor der Nationalratswahl ein Schattenkabinett präsentiert. Da könnte er vielleicht eine Rolle spielen.“
Ohne die Wiener SPÖ wird es schwierig für den neuen Parteichef.
Doskozil und die Wiener SPÖ von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) haben kein einfaches Verhältnis. Ludwig unterstützte zunächst Rendi-Wagner und wünschte sich dann eine zweite Runde in der Mitgliederbefragung. Durchsetzen konnte er sich nicht. Trotzdem bleibt die Wiener Partei laut Praprotnik ein gewichtiger Faktor für die Bundes-SPÖ. „Jede vierte Stimme für sie bei der letzten Nationalratswahl kam aus Wien.“ Auch Politberater Hofer unterstreicht, dass Doskozil die Partei ohne die Wiener nicht führen könne. Deutlich weniger bedeutsam für ihn sind hingegen die Vorarlberger Sozialdemokraten – sie stellten in Linz etwa nur fünf Delegierte – auch wenn Parteichefin Gabriele Sprickler-Falschlunger nicht mit Kritik am Landeshauptmann des Burgenlandes sparte. „Natürlich wird Doskozil auf die Kritiker zugehen müssen. Aber die Vorarlberger werden nicht die Ersten sein.” Zudem müsse sich erst abzeichnen, wie es an der Spitze der Landespartei weitergeht. In Vorarlberg dürfte im Sommer aller Voraussicht nach der ehemalige Bludenzer Stadtparteichef Mario Leiter auf Sprickler-Falschlunger folgen.
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Die Mitgliederbefragung ist gekommen, um zu bleiben.
Dass basisdemokratische Elemente auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen dürften, gilt als gesetzt. „Ich glaube, dass man nicht mehr davon wegkommt“, sagt Politikberater Hofer. Dafür müsse das Statut aber anders aussehen. Praprotnik bezeichnet es als Knackpunkt, wie sich die Partei mit ihren Strukturen, Zuständigkeiten und Gremien zukünftig aufstellen werde. Der Weg der Befragung sei bereits eingeschlagen worden, eine Rückkehr schwierig. Nun gelte es, einen sinnvollen Wahlmodus zu finden, der klare Entscheidungen hervorbringe. „Man könnte es zum Beispiel so handhaben, wie das die deutsche SPD gemacht hat“, verweist die Expertin auf das sozialdemokratische Mitgliedervotum 2019 im Nachbarland. Dort gab es nach der ersten Runde eine Stichwahl. Als zeiteffiziente Option nennt sie auch ein mögliches Wahlsystem, bei dem neben der Stimme für den Favoriten noch weitere Präferenzen vergeben werden können. Hofer vermutet, dass künftig auch der Umgang mit Koalitionsabkommen ein Thema für Mitgliederbefragungen in der SPÖ sein könnten.

Koalitionsansagen wie jene von Doskozil sind ein riskantes Unterfangen.
Der neue Parteichef hat sich klar positioniert. Er würde eine „Ampel“, die in Österreich rot, grün und pink blinken würde, bevorzugen. Direkt nach seiner Wahl schloss er erneut ein Bündnis mit der FPÖ aus. Deren Wählerinnen und Wähler wolle er aber zurückholen. „Nur dann gelingt auch der zweite Schritt, auch das will ich in Angriff nehmen: keine Koalition mit der ÖVP.“ Am Sonntag hieß es von ihm dann in der ZiB2: Wenn es darum gehe, Schwarz-Blau zu verhindern, zähle der Wählerwille. Politberater Hofer hält es jedenfalls nicht für schlau, sich gleich auf die Ampel festzulegen. Das könnte zwar der eigenen Basis gefallen, aber auf der großen Bühne, sprich der Nationalratswahl, nach hinten losgehen. Deshalb dürfte Doskozil auch versucht haben, wieder etwas zurückzurudern. Zudem gibt Hofer zu bedenken, dass sich eine Ampel auch erst einmal ausgehen müsste. „Die Ansage war sehr früh und dem innerparteilichen Ausgleich geschuldet.“ Bundespolitisch gesehen dürfte es riskant sein.
