„Kriminelle Aktionen“
Das war eine Aufregung am letzten Mittwoch! Klimaaktivistinnen und -aktivisten protestierten vor dem Landhaus gegen die Untätigkeit der Verantwortlichen in Sachen Klimaschutz – verbotenerweise während einer Landtagssitzung. Noch größer ist jeweils die Aufregung, wenn die „Heilige Kuh“ durch die Proteste im Stau steckt – das Auto. Da kommt es dann teilweise nicht nur zu Verbalinjurien, sondern auch zu physischen Attacken aufgehetzter „Normalbürger“.
„Weiß er nicht, dass Terroristen Gewalt anwenden und morden?“
Dabei sind Proteste notwendig: Seit 1990 ist der Ausstoß von Treibhausgasen im Verkehrssektor nicht nur nicht gesunken, sondern sogar deutlich angestiegen: um rund 57 Prozent. Auch der Bodenverbrauch ist dramatisch: Seit Jahrzehnten werden laut „Bodenreport 2013“ pro Minute (!) 120 m2 verbaut. Dass angesichts solcher Fakten insbesondere junge Menschen an der Ignoranz vieler Erwachsener und vor allem der politisch Verantwortlichen verzweifeln, ist mehr als nur nachvollziehbar.
Verleumdung statt Fakten
Unverantwortlich ist es, wenn Fakten schlicht geleugnet oder kleingeredet werden und man Protestierende gleichzeitig verunglimpft. In Österreich macht das – nicht nur, aber vor allem – die FPÖ. Für sie ist der menschengemachte Klimawandel ein Schwindel und gewaltlose Proteste dagegen werden zu angeblich „kriminellen Aktionen“. Zuletzt wieder zu hören vorige Woche von FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker im Interview mit Armin Wolf in der ZiB2. Die „Klimakleber“ werden bei ihm flugs zu „Terroristen“: „Ich habe diesen Begriff ganz bewusst gewählt.“
Weiß er nicht, dass Terroristen Gewalt anwenden und morden? Er weiß es, sät aber bewusst Angst vor den Protestierenden und schafft ein Feindbild. Er weiß auch, in welch kritischer Situation wir angesichts der Klimakrise bereits sind. Dass die Fluchtbewegung aus Afrika und anderen Gegenden neben den Kriegen wegen der Unbewohnbarkeit immer größerer Gebiete dieser Welt eine Hauptursache ist. Aber Hafenecker spricht von „natürlichen Wetter- und Klimaphänomenen“ und lukriert politisches Kleingeld statt Probleme anzugehen.
Wissenschaftsfeindlichkeit
Ähnlich wie er argumentiert in Deutschland die Schwesterpartei der FPÖ. Die AfD stellte im Bundestag eine parlamentarische Anfrage und bezog sich dabei offensichtlich auf ihre eigenen Stammtischparolen: Viele Wissenschaftler widersprächen der Behauptung, der Klimawandel sei menschengemacht.
Nun gibt es im deutschen Bundestag – im Gegensatz zum österreichischen Parlament – einen bestens ausgebauten wissenschaftlichen Dienst, der Fragen von allen Fraktionen ausführlich beantwortet. In der Antwort an die AfD wurde auf eine Meta-Studie verwiesen: Unter den 69.406 Verfassern wissenschaftlicher Artikel gab es nur vier, die der These vom menschengemachten Klimawandel widersprechen. Anders ausgedrückt: 0,0058 Prozent.
Am Mittwoch führten die Proteste vor dem Landhaus übrigens zu elf Festnahmen. Es trifft halt nicht immer die Richtigen.
Harald Walser ist Historiker, ehemaliger Abgeordneter zum Nationalrat und AHS-Direktor.
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