Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Mitgemeint

Politik / 04.08.2023 • 06:29 Uhr

Wer hätte jemals vom Entwurf des Justizministeriums für ein Bundesgesetz über „flexible Kapitalgesellschaften“ erfahren, hätte Ministerin Zadic nicht gleichzeitig verkündet, dass er in der weiblichen Form verfasst ist? Männer seien mitgemeint. Die Aufregung war riesengroß, wenngleich unberechtigt.

„Sie alle dürften sich weniger an der weiblichen Form stoßen als möglicherweise an unklaren Formulierungen oder sonst schlechter Legistik.“

Erstens ist das Formulieren von Gesetzestexten in weiblicher Form ein alter Hut. Unser Nachbar Liechtenstein, sonst nicht gerade der Vorreiter in der politischen Beteiligung von Frauen, hat 1999 nicht nur ein solches Gesetz, nämlich das Urheberrechtsgesetz, vorgelegt, sondern auch beschlossen und kundgemacht. Unter Landeshauptmann Jörg Haider beschloss der Kärntner Landtag ein Gesetz 2012 in der weiblichen Form, ebenso der Tiroler Landtag 2013 das Kinder- und Jugendhilfegesetz. Aber wen interessiert das schon im Sommerloch 2023?
Zweitens wird ein Gesetz über „flexible Kapitalgesellschaften“ voraussichtlich von niemandem als einigen Experten gelesen: Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Gerichtsorgane und sonst noch eine Handvoll Juristen. Sie alle dürften sich weniger an der weiblichen Form stoßen als möglicherweise an unklaren Formulierungen oder sonst schlechter Legistik.

Die Verfassung verlangt von der Justizministerin lediglich, dass sie sich in ihrem Gesetzesentwurf der Staatssprache Deutsch bedient. Welches Deutsch sie verwendet, bleibt ihr überlassen. Sie kann sich aber immerhin darauf berufen, dass ihr die Verfassung aufträgt, sich um die faktische Gleichstellung von Männern und Frauen zu kümmern, sowie darauf, dass ihr die Sichtbarmachung der Frauen in der Gesetzgebung ein Anliegen ist.

Die Frage, die der Justizministerin zu stellen ist, bezieht sich also weniger darauf, dass ein Gesetz in der weiblichen Form verpönt wäre, sondern vielmehr, was dieser Aktionismus bewirken soll. Es ist wie bei den Rosen zum Weltfrauentag, die in den Einkaufszentren an die Kundinnen verteilt werden: Manche freut’s, aber viele fragen sich auch, was diese einmalige Geste bewirken soll.

Ich persönlich hätte keine Probleme mit Gesetzen in der weiblichen Form, dann bin ich eben mitgemeint. Viel wichtiger fände ich aber eine klare und einfache Gesetzessprache, die in ihrer Wortwahl durchaus darauf Rücksicht nehmen kann, dass es eben Frauen und Männer gibt.

Die Aufregung rund um den Zadic-Entwurf wäre glaubhafter, würden sich die Empörten über schlampige Gesetze, unverständliche Regelungen und schlechte Legistik beschweren.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.