Freundeskreise
Der ORF hat diversen Meinungsumfragen zufolge ein veritables Problem: Die Menschen vertrauen ihm weniger als etwa den Printmedien – ungeachtet dessen, ob es sich dabei um bundesweit oder nur in den einzelnen Ländern erscheinende Zeitungen handelt. Das ist für einen von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern finanzierten und vom Staat organisierten Rundfunk ein unhaltbarer Zustand. Den ORF gibt es nämlich nur deshalb, weil er objektive und unabhängige Information garantieren soll. Und gerade daran scheinen viele Menschen zu zweifeln. Dazu tragen auch die „Freundeskreise“ im Stiftungsrat, dem obersten Gremium des ORF, bei. Ihnen gehören, fein säuberlich nach Parteien geordnet, die verschiedenen Mitglieder an.
„Den ORF gibt es nämlich nur deshalb, weil er objektive und unabhängige Information garantieren soll.“
Der Verfassungsgerichtshof hat nun Bestimmungen des ORF-Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben, weil sie die Unabhängigkeit des Rundfunks nicht hinreichend garantieren. Die notwendige Reparatur des Gesetzes wird eine gute Gelegenheit sein, dafür zu sorgen, dass das Vertrauen in den ORF wieder wachsen kann.
Der VfGH hat – was zu erwarten war – die Grundstrukturen des ORF bestehen lassen: Es ist selbstverständlich in Ordnung, dass die politischen Parteien im Stiftungsrat des ORF sitzen, denn unsere Demokratie beruht unter anderem auf der Parteienvielfalt. Der VfGH hat angesichts der föderalistischen Struktur Österreichs erfreulicherweise nicht beanstandet, dass die neun Länder – wie die Bundesregierung – insgesamt neun Mitglieder des Stiftungsrates stellen. Völlig zu Recht erkannte das Gericht, dass nicht die Länder überrepräsentiert sind, sondern die Bundesregierung, deren Einfluss jetzt reduziert werden muss. Verlangt werden auch konkretere Kriterien für die Auswahl der von der Bundesregierung entsandten Mitglieder. Zu guter Letzt darf die Amtsdauer von Mitgliedern des Stiftungsrates in Zukunft auch nicht mit dem jeweiligen Ende einer Legislaturperiode auf Bundes- und Landesebene limitiert sein.
All diese Vorgaben bieten die Chance einer substanziellen Reform, welche die Unabhängigkeit des ORF stärken dürfte. Wichtig ist, dass die häufig kritisierte Vertretung der Länder im ORF unbeanstandet geblieben ist: Sie gehören zum ORF genauso wie die Vertretung des Publikums oder die Repräsentanten politischer Parteien. Sie sollten sich daher auch nicht das Anhörungsrecht bei der Bestellung der Leitung der Landesstudios nehmen lassen.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
Kommentar