So geht es Vorarlbergs Jugendlichen

Politik / 15.10.2023 • 17:10 Uhr
So geht es Vorarlbergs Jugendlichen

Expertin fordert mehr Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter.

Darum geht’s:

  • Laut der Jugendstudie „Lebenswelten 2020″ geht es mehr als der Hälfte der Jugendlichen in Vorarlberg psychisch gut, aber die andere Hälfte hat Probleme.
  • Junge Männer haben tendenziell ein besseres psychisches Wohlbefinden als junge Frauen.
  • Es besteht Bedarf an mehr Schulsozialarbeitern und Schulpsychologen, um Jugendlichen Hilfe zu bieten.

Schwarzach Über die Jugend von heute wird viel gesprochen. Weitaus weniger wird mit ihr geredet. Die Autorinnen der Jugendstudie „Lebenswelten 2020“ haben das vor der Coronakrise ausführlich getan. Dabei ist auch das psychische Wohlbefinden abgefragt worden. Diese Daten sind jetzt noch einmal vertieft ausgewertet worden. Fazit: Mehr als der Hälfte der Jugendlichen in Vorarlberg geht es psychisch gut. Der anderen Hälfte hingegen weniger. Um diesen Wert zu verbessern, müsse man vor allem in der Schule ansetzen, sagt Studienautorin Gudrun Quenzel von der PH Vorarlberg.

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Wenn du an letzte Woche denkst, hat dir dein Leben gefallen? 26 Prozent der befragten weiblichen Jugendlichen antworteten auf diese Frage, dass es ihnen sehr gefallen hat. Bei den jungen Männern waren es 42 Prozent. Auch andere Fragen zum Wohlbefinden zeigen, dass es den jungen Männern tendenziell besser geht. Insgesamt attestieren die Autorinnen bei 50 Prozent der weiblichen Jugendlichen und 66 Prozent der männlichen Jugendlichen ein hohes psychisches Wohlbefinden. Umgekehrt weisen drei Prozent der jungen Männer und fünf Prozent der jungen Frauen ein niedriges Wohlbefinden auf.

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Autorin Gudrun Quenzel erläutert im VN-Gespräch die Gründe: „Ein Punkt ist sicherlich, dass junge Frauen ihre Gesundheit sensibler wahrnehmen. Sie sind vielleicht auch ehrlicher und sagen eher, dass es ihnen nicht gut geht.“ Allerdings seien junge Frauen auch psychisch stärker belastet. „Das Rollenspektrum bei Frauen ist in jungen Jahren größer. Sie wollen traditionell heiraten und eine Familie, wollen aber gleichzeitig im Beruf durchstarten. Die Erwartungen sind also hoch“, sagt die Bildungssoziologin. Und Frauen müssen mit der Pubertät in kürzerer Zeit klarkommen als Männer. „Jungs haben mehr Zeit dazu. Ihr körperliches Wachstum bewegt sich zwischen zwölf und 21 Jahren. Bei Mädchen ist das Hauptwachstum zwischen 14 und 17 Jahren.“

Gudrun Quenzel.
Gudrun Quenzel.

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Die Zahlen zeigen zwar, dass es den Jugendlichen in Vorarlberg großteils gut geht. Allerdings geht es jedem 20. bis 25. nicht gut. Die Studienautoren warnen deshalb: Statistisch findet sich in jeder Klasse zumindest ein Jugendlicher, dem es psychisch schlecht geht. „Die muss man im Blick haben“, betont Quenzel.  Nicht alle fallen in der Schule auf. Ein Teil dieser Jugendlichen macht zwar Ärger, sagt die Expertin. „Sie sind schlecht in der Schule, schwänzen, sind aggressiv. Man nennt es ‚acting out‘.“ Der andere Teil betreibt hingegen „acting in“. „Sie fressen eher die Probleme in sich hinein, tendieren zu Magersucht oder anderen Essproblemen. Sie fallen im Schulbetrieb weniger auf, man reagiert oft spät.“ Lehrer würden es zwar manchmal erkennen, hätten im Schulalltag aber wenig Zeit. Quenzel ist überzeugt: „Deshalb braucht es an den Schulen mehr Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen.“ Sie fordert mehr multiprofessionelle Teams. „Lehrer gibt es fürs stoffliche Lernen. Aber es finden immer mehr andere wichtige Dinge an Schulen statt. Es ist wichtig, dass diese Dinge andere übernehmen als die Lehrer. Und da sind die Schulen nicht gut ausgestattet.“ Derzeit komme ein Schulpsychologe auf 300-500 Kinder.

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Die Studie zeigt mehrere Gründe, weshalb es Kindern nicht gut geht. Einer davon ist der sozioökonomische Hintergrund. Heißt: Kinder in armen oder armutsgefährdeten Familien geht es schlechter. Außerdem erhöht Sport die psychische Gesundheit, häufiger Medienkonsum senkt sie. Quenzel betont aber: „Wenn man sich das Freizeitverhalten ansieht, dann sind die, die ganz viel Sport machen auch die, die viel zocken.“ Der größte Faktor seien aber Freunde und die Schulleistung. Deshalb sei das Klassenklima so wichtig, fährt die Expertin fort. „In der Schule braucht es nicht nur Angebote für die, denen es schlecht geht. Es benötigt Angebote für alle.“ Denn Prävention sei das Wichtigste.

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Insgesamt könne man sagen, dass es den Jugendlichen im Land gut geht, fasst Gudrun Quenzel das Ergebnis der Studie zusammen. „Aber ungefähr jedem 20. Jugendlichen nicht. Und das ist in einem Land, das so reich ist wie Vorarlberg, doch eine ganz Menge.“ Und Corona habe die Situation eher noch verschärft.

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