Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Teuerung abschaffen?

Politik / 02.11.2023 • 15:40 Uhr

Der Ideenwettbewerb der Parteien nach unten, welches Anliegen in der Verfassung verankert werden soll, wird munter fortgesetzt: Wir erinnern uns an den Vorschlag der ÖVP, das Bargeld in der Verfassung abzusichern und die Forderung der SPÖ nach einem freien Zugang zu Seen. Nachdem die Begeisterung über beide Vorhaben endenwollend war, prescht die SPÖ nunmehr mit einer neuen Forderung nach „leistbarem Leben“ in der Verfassung vor. Unter dem Motto „Teuerung abschaffen“ wird verlangt, dass der Staat bei einer Inflation über zwei Prozent Maßnahmen ergreifen muss, wie etwa Preisregulierungen und andere Eingriffe des Staates in den Markt. Solche Aktionen haben in der Vergangenheit ihre Ziele selten erreicht.

„Kein Staat dieser Welt bekämpft Teuerung mit einer Verfassungsbestimmung.“

Möglicherweise schwebt den Schöpfern dieser Idee auch vor, dass der Staat aus Steuermitteln die Teuerung ausgleicht, was die Sache nicht besser machen würde: Dies kann nämlich nur durch massive Steuerhöhungen zu Lasten der gesamten Bevölkerung oder durch Schuldenaufnahmen zum Nachteil künftiger Generationen funktionieren.

Dass die Inflation viele Menschen in ihrer Lebensführung schwer belastet, steht außer Zweifel. Gerade deshalb ist es unseriös, den Betroffenen vorzumachen, man könnte diese Entwicklung, die vielfältige Ursachen hat, mit einer Regelung in der Verfassung, einem sogenannten Staatsziel, eindämmen. Wie sollte denn das „Zwei Prozent-Ziel“ durchgesetzt werden? Mit einer „Verfassungsklage“ beim Verfassungsgerichtshof? Das wäre nicht möglich, denn der VfGH kann der Regierung ja nicht auftragen, beispielsweise die Märkte zu regulieren oder die Mieten einzufrieren.

Kein Staat dieser Welt bekämpft Teuerung mit einer Verfassungsbestimmung. Vielmehr wird mit einem Mix aus Maßnahmen gearbeitet, die durchaus unterschiedlich sind und davon abhängen, ob die Regierung eher links oder eher rechts ausgerichtet ist. Das sollte auch in Österreich so gehandhabt werden, wobei die Heranziehung wirtschaftswissenschaftlicher Expertise und das Lernen von erfolgreicheren Ländern gut tun würde. Keinesfalls sollte man glauben, den Menschen mit Symbolpolitik etwas vormachen zu können.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.