Weitere Entwertung vieler Pensionen

Regierung für gestaffelte Anpassung: Experte Mazal sieht Weg Richtung Einheitspension.
SCHWARZACH. Theoretisch ist die Sache klar: Auf Basis der Inflation von August 2024 bis Juli 2025 müssen Pensionen um 2,7 Prozent erhöht bzw. anpasst werden. Praktisch soll jedoch davon abgewichen werden: Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) will – wie die Neos – aus budgetären Gründen eine gestaffelte Anpassung. Lediglich bei kleinen Pensionen soll es ein Plus von 2,7 Prozent geben, im Durchschnitt jedoch nur ein solches von zwei Prozent.
Was das bedeuten würde? Bei der Mindestpension von derzeit 1274 Euro würde es den vollen Ausgleich geben. Bei der durchschnittlichen Alterspension von Frauen in Vorarlberg beinahe. Wie hoch sie derzeit ist, kann nur abgeschätzt werden. Nimmt man an, dass sie um fünf Prozent höher ist als vor einem Jahr, kommt man auf 1377 Euro brutto pro Monat; das ist nicht weit entfernt von der Mindestpension. Bei weitem kein voller Wertausgleich würde es bei der durchschnittlichen Alterspension von Männern im Land geben. Sie würde wohl sogar um weniger als zwei Prozent steigen, zumal sie mit rund 2600 Euro weit über der mittleren Pension von Männern und Frauen österreichweit liegt (rund 1840 Euro).
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Das ist die Richtung, in diese geht, und die dem Vorarlberger Seniorenvertreter Werner Huber (ÖVP) missfällt: „Das ist eine ärgerliche Situation. Dass es so weit kommen konnte, ist ein Übel. Pensionisten können nichts dafür, dass das Budget so aus dem Ruder gelaufen ist.“ Für ihn ist klar: „Im unteren Bereich und in der Mitte muss es jedenfalls zu einer Erhöhung um 2,7 Prozent kommen. Darüber kann man über eine Abflachung reden. Wobei klar ist, dass das eine Reduktion auf Dauer wäre.“

Gestaffelte Pensionsanpassungen sind längst zur Regel geworden. Einmal werden größere, einmal kleinere Unterschiede gemacht. Jetzt soll es wieder größere geben. Der Pensionsexperte Wolfgang Mazal bestätigt, dass das auf eine Volks- oder Einheitspension hinausläuft: „Eine Annäherung der Leistungshöhen sehen wir jetzt schon.“
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Das soziale Anliegen sei verständlich, so Mazal: „Aber das Pensionssystem ist nicht der richtige Ort dafür. Das Pensionssystem folgt dem Versicherungsprinzip. In den 2000er Jahren lautete die politische Botschaft, dass jeder Euro gleich viel wert sein soll. Die Auszahlungen sollten demnach in einem festen Verhältnis zu den Einzahlungen stehen. Durch die seither geübte Praxis, gestaffelte Anpassungen vorzunehmen, sind höhere Pensionen jedoch um ca. 30 Prozent entwertet worden. Aus einem Euro sind in ihrem Fall 70 Cent geworden. Das ist eine Botschaft, die das Vertrauen ins Pensionssystem untergräbt.“

Alle Pensionen sollten laut Mazal prozentuell gleich stark erhöht werden. Um dem sozialen Anliegen zu entsprechen, gebe es zwei Systeme der Umverteilung: „Das Steuersystem und das Sozialsystem mit der Sozialhilfe etwa. Dort sollte man ansetzen, wenn man Bedarf dafür sieht.“
Christine Mayrhuber, Vorsitzende der Alterssicherungskommission, sieht gestaffelte Anpassungen etwas anders: Einerseits würden sie dem Prinzip widersprechen, dass der Lebensstandard zum Pensionsantritt über die gesamte Bezugsdauer gehalten werden sollte. Andererseits seien sie aus dem Gesichtspunkt, dass es bei kleineren Pensionen zu einer Inflationsabgeltung und damit zur Sicherung der Kaufkraft komme, zu befürworten.

Nichtsdestotrotz ist Mayrhuber der Überzeugung, dass Pensionsanpassungen grundsätzlich neu aufgestellt gehören: Die überwiegende Mehrheit der EU-Länder gehe nicht nur von der Teuerung aus, sondern etwa auch von der Entwicklung der Löhne oder der Wirtschaft insgesamt. „Wir sollten auch in Österreich über eine Neuformulierung der jährlichen Pensionsvalorisierung nachdenken“, so Mayrhuber.