Johannes Huber

Kommentar

Johannes Huber

Babler stolpert

Politik / 10.11.2023 • 17:35 Uhr

Andreas Babler ist ein Phänomen: Nach Herbert Kickl polarisiert er so ziemlich am meisten unter den österreichischen Politikern. „Na und“, könnte man jetzt einwenden, „was heißt das schon?“ Es ist nicht vollkommen egal: Zum Schlimmsten für einen Politiker zählt, gar nicht wahrgenommen zu werden. Das Beste für ihn ist, von denen abgelehnt zu werden, die ihn ohnehin nie wählen. Das bindet nur jene umso stärker an ihn, die er gewinnen möchte.
Babler hat so gesehen einen Lauf: Industriellenvertretern etwa ist er mit seinen Steuerplänen ein Schreck. Und zumal sie das immer wieder so laut und deutlich sagen, ist er Linken erst recht ein Superstar. Problem eins: Dabei handelt es sich um eine Minderheit.
Problem zwei: Gut ist das alles noch nicht. Gut wäre, was Österreich weiterbringt. Babler ist jedoch in eine Populismusfalle gestolpert. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat bei der Eröffnung der Bregenzer Festspiele zurecht auch ihn gerügt, als er die rhetorische Frage aufwarf, worauf sein Spiel mit „Unseren Leuten“, die er adressiert, hinaus soll: Wer sind dann die anderen? Die Antwort ist, dass es auf Spaltung hinausläuft. Bei Babler, der einem Geist der 1970er und 1980er Jahre treu geblieben ist, in Arbeitnehmer auf der einen und allen übrigen auf der anderen Seite. Unternehmer etwa, vor allem aber schlicht Reiche. Und dass das dann auch noch durch Kampagnen seiner Partei befeuert wird, die namentlich gegen das Milliardärspaar Victoria Swarovski und Mark Mateschitz gerichtet sind.
Das ist verachtenswert. Es wird auch nicht dadurch besser, dass Türkise und Blaue unter zum Teil anderen Vorzeichen ähnlich vorgehen. Wenn sie, wie Karl Nehammer, glauben, normale Menschen definieren zu müssen, und damit alle anderen zu Abnormalen erklären. Oder wenn sie, wie Herbert Kickl, ankündigen, „Eliten“ treten zu wollen. Oder wenn sie, wie es Rechte gerne tun, unterstellen, dass Arbeitslose und überhaupt Leute, die in finanziellen Nöten stecken und sich am wenigsten wehren können, einfach nur faul seien.

„Babler dürfte klar als Vorsitzender bestätigt werden. Zu sagen wird ein Ergebnis, das über 80, 90 Prozent liegt, jedoch wenig haben.“

Auf dem SPÖ-Parteitag an diesem Wochenende dürfte Babler trotzdem klar als Vorsitzender bestätigt werden. Zu sagen wird ein Ergebnis, das über 80, 90 Prozent liegt, jedoch wenig haben. Wie in der gesamten Wählerschaft hat er auch in den eigenen Reihen eher Linke hinter sich. Der Rest, der sehr wahrscheinlich auch in der Sozialdemokratie überwiegt, ist es, weil kein anderer da ist. Dazu gehören nicht nur die Burgenländer, sondern auch Wiener, die lediglich froh sind, dass mit ihm Hans Peter Doskozil an der Spitze verhindert werden konnte. Ansonsten interessiert sie Macht bzw. eine Aussicht darauf. Als überzeugte Sozialdemokraten geben sie sich am 1. Mai.
Das bleibt ein Risiko für Babler: Auf Dauer wird er sich nur halten können, wenn er der SPÖ spätestens bei der Nationalratswahl im kommenden Herbst Platz eins beschert. Und wenn er dann einen Weg findet, mit der ÖVP eine Regierung zu bilden. Das bleibt der einzige Koalitionspartner, mit dem es sich realistischerweise ausgehen könnte. Doch mit seiner derzeitigen Ausrichtung entfernt er sich davon. Dazu wären Ansätze nötig, die zum Beispiel eine solidarische Leistungsgesellschaft zum Ziel haben, mit der vielleicht auch Besserverdienende etwas anfangen könnten.

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