Kathrin Stainer-Hämmerle

Kommentar

Kathrin Stainer-Hämmerle

Politstrategien

Politik / 16.01.2024 • 18:00 Uhr

Vier Wahltermine sind für das heurige Jahr bereits fixiert. Für den Herbst ist noch alles offen. Wann genau und in welcher Reihenfolge Nationalratswahl sowie die Landtagswahlen in Vorarlberg und der Steiermark stattfinden, müssen die Parteien spätestens drei Monate vor dem Wunschtermin entscheiden. Sonst geht sich die Organisation der Wahlen nicht mehr aus.

Die Abwicklung ist das eine (wobei wir vor den Tücken seit der Wahl zum Bundespräsidenten 2016 gewarnt sind), die strategischen Überlegungen sind das andere und wohl Wichtigere aus Sicht der Wahlkämpfer. Die Vorzeichen für die heurigen Wahlen sind doch ganz andere. Denn vor fünf Jahren stand der Begriff Corona noch für eine Biermarke mit geringer Qualität und Ausdrücke wie Krieg oder Inflation beherrschten nicht unsere Alltagsgespräche. Nun fürchten sich die Regierungsparteien vor der großen Abrechnung in der Wahlzelle für ihr Pandemie-Management und ihre Maßnahmen für den Erhalt der Kaufkraft und des Wohlstandes. Die Umfragen lassen nichts Gutes für sie ahnen. Aber zumindest mit seiner Überlebensfähigkeit hat Türkis-Grün alle Prognosen Lügen gestraft.

Doch nicht nur die Parteien müssen vor dem Wahlsonntag zittern. Auch die Bevölkerung sollte Respekt haben. Denn unabhängig davon, wer am Wahlabend die Nase vorne hat: Eine Regierungsbildung scheint aus heutiger Sicht beinahe unmöglich. Rechnerisch gehen sich keine Zweierkoalitionen ohne die FPÖ aus. Persönlich lehnen alle eine Zusammenarbeit mit Herbert Kickl an der Regierungsspitze ab. Inhaltlich fänden wahrscheinlich Türkis und Blau zueinander. Die SPÖ hingegen stellt mit einer Vermögenssteuer und der 32-Stunden-Woche für alle unerfüllbare Forderungen. Außer für die Grünen, aber auf deren Stimmen hat es Andreas Babler mit seinem Linksruck abgesehen. Kommen die KPÖ und vielleicht auch eine Liste Karas im Nationalrat hinzu, werden selbst Dreiervarianten mit ausreichender Mehrheit schwierig. Sogar für den Premieren gewohnten Bundespräsidenten wäre das eine neue Situation. Je vielfältiger die Möglichkeiten, desto mehr Gewicht hätte sein Wort.

„Kommen die KPÖ und vielleicht auch eine Liste Karas im Nationalrat hinzu, werden selbst Dreiervarianten mit ausreichender Mehrheit schwierig.“

Aber zurück zur Reihenfolge. Für Vorarlberg und die Steiermark ist es nicht sehr attraktiv während Regierungsverhandlungen zu wählen. Mitten in der heißen Phase eines bundesweiten Wahlkampfes allerdings noch weniger. Vor allem in Vorarlberg können sich die Regierungsparteien wenig Rückenwind aus Wien erwarten. Die Bundespolitik auszublenden funktioniert aber weder kurz vor noch gleich nach einer Wahl. Die Oppositionsparteien wird es freuen. Aber nur wenn sie die Erwartungen erfüllen können. Bei der FPÖ sind sie bereits durch die Umfragen hochgeschraubt. Bei der SPÖ träumen vor allem die Funktionäre von Platz 1. Enttäuschung ist kein guter Wahlkampfhelfer in einer Zeit, in der Stimmungen und Emotionen das Wahlgeschehen beherrschen wie nie zuvor. Angst vor einem blauen „Volkskanzler“ umgekehrt schon. Aber als Grundlage für eine Regierung wird es nicht reichen.

FH-Prof. Kathrin Stainer-Hämmerle, eine gebürtige Lustenauerin, lehrt Politikwissenschaften an der FH Kärnten.