Kathrin Stainer-Hämmerle

Kommentar

Kathrin Stainer-Hämmerle

Von Autos und Menschen

Politik / 07.02.2024 • 06:29 Uhr

Seit Sonntag ist in Paris ein Auto nicht einfach nur ein Auto. In Zukunft gibt es drei Klassen: Ein Pariser Auto, ein Touristen-Auto und einen Touristen-SUV. Letztgenannter bzw. dessen Besitzer soll bald kräftig zur Kassa gebeten werden: Für sechs Stunden Parken im Zentrum der französischen Hauptstadt werden 225 Euro fällig. Das hat die Pariser Bevölkerung in einer Volksabstimmung entschieden.

Die Idee begeistert nun auch österreichische Bürgermeister. Vor allem jene von den Grünen. Für Georg Willi etwa steht dahinter eine klare Rechnung: „Wer mehr Platz braucht, soll mehr zahlen.“ Dass es dabei laut Pariser Maßstäben nur um 25 Zentimeter mehr Länge und zehn Zentimeter mehr Breite geht, erwähnt der Innsbrucker Stadtchef nicht. Denn in Wirklichkeit geht es nicht um Zahlen, sondern um Emotionen. Mit dem Neid auf reiche Autobesitzer lassen sich schnell politische Sympathien sammeln. Vor allem wenn die eigenen Anhänger eher keine Fans von großen Fahrzeugen sind.

Willi und seiner Grazer Kollegin, Vizebürgermeisterin Judith Schwentner, fällt es daher leicht, eine Ausnahme vom sonst grünen Grundsatz zu machen, dass jeder Mensch gleich viel zähle. Das ist ein inhaltlicher und strategischer Fehler. Unabhängig von der vermuteten Kaufkraft seines Besitzers, bleibt ein Auto trotzdem ein Auto. Und diese gehören generell weniger in die Innenstädte. Wer hier zwei Klassen schafft, schadet dem Ziel menschengerechteren Wohnraums womöglich mehr als die Abneigung gegenüber SUV-Besitzern den eigenen Umfragewerten nutzt.

„Mit dem Neid auf reiche Autobesitzer lassen sich schnell politische Sympathien sammeln.“

Die Pariser Volksabstimmung wirft, unabhängig von der Neid- und/oder Klimadebatte, zusätzliche Fragen auf. Wann und über welche Fragen dürfen Bürger mitbestimmen? Die Bürgermeisterin der französischen Metropole hatte nichts zu befürchten. Besucher dürfen nicht mitentscheiden, ob Anne Hidalgo weiter im Amt bleiben darf. Braucht es ein Mindestmaß an Beteiligung für bindende Entscheidungen? Insgesamt befürworteten gerade drei Prozent der Wahlberechtigten, also eine verschwindende Minderheit, am Sonntag die höheren Parkgebühren.

Was lehrt uns das für Österreich? Neid und Missgunst sind Gefühle, mit denen die Politik nicht spekulieren sollte. Das gilt besonders für die Integrationspolitik. Politische Versprechen auf Kosten von nicht wahlberechtigten Migranten verkaufen sich besonders leicht. Dieser Minderheit werden immer leichter die gleichen Rechte abgesprochen, wie mit dem Vorschlag einer Bezahlkarte die freie Entscheidung über die ihnen zur Verfügung gestellten Zahlungsmittel.
Menschen sind natürlich keine Autos. Aber so wie Autos unabhängig ihrer Größe immer in erster Linie Autos bleiben, sind Menschen unabhängig ihrer Herkunft Menschen. Demokratien versprechen allen die gleichen Rechte, Freiheit und Würde. Dies sollten wir selbst in verlockenden Situationen aufs Spiel setzen.

FH-Prof. Kathrin Stainer-Hämmerle, eine gebürtige Lustenauerin, lehrt Politikwissenschaften an der FH Kärnten.