Rechnungshof-Direktorin über die Hypo-Sonderprüfung: „Wir müssen jetzt alles auf den Kopf stellen“

Politik / 11.03.2024 • 14:20 Uhr
Interview mit Landesrechnungshofpräsidentin Brigitte Eggler-Bargehr
Brigitte Eggler-Bargehr ist seit Juli 2015 Direktorin des Landes-Rechnungshofes, Ende 2020 wurde sie für eine weitere Amtszeit wiedergewählt. VN/Philipp Steurer

Brigitte Eggler-Bargehr, Direktorin des Landes-Rechnungshofes, berichtet im VN-Interview von einem intensiven anstehenden Jahr. Der Prüfbericht zur Hypo Vorarlberg liegt wohl erst nach der Wahl vor.

Bregenz Der Landtag will es ganz genau wissen. Anlässlich der durch die Hypo Vorarlberg an die insolvente Signa-Gruppe vergebenen Kredite in Millionenhöhe beauftragten die fünf Parteien den Landes-Rechnungshof mit einer Gebarungskontrolle. Die Vorarlberger Nachrichten berichteten. Unter anderem soll das Kontrollorgan untersuchen, „ob es ausreichende Kontrollmechanismen gab, ob Berichtspflichten zwischen zuständigen Abteilungen eingehalten wurden, sowie ob es ein internes Frühwarnsystem gegeben hat“. Grund genug also, bei Direktorin Brigitte Eggler-Bargehr nachzufragen, wie sich ihr Haus auf diese außertourliche Prüfung einstellt.

Frau Direktorin, wirbelt diese Sonderprüfung jetzt Ihr komplettes Programm durcheinander?
Eggler-Bargehr Durch diese Sonderprüfung ändern wir natürlich unseren Prüfplan für die Zukunft. Es werden einige andere Prüfungen verschoben. Alle laufenden Prüfungen sind aber ziemlich in der Endphase, die machen wir also vorher noch fertig.

Das heißt, wir können uns bald neue Prüfberichte von Ihnen erwarten?
Eggler-Bargehr Ab April, Mai kommen drei neue Berichte von uns, ja.

Lässt sich schon sagen, wie lange die Hypo-Prüfung dann dauern wird?
Eggler-Bargehr Jetzt, wo wir noch gar nichts gesehen haben, ist das schwierig abzuschätzen. Etwas lässt sich aber aufgrund der formalen Rahmenbedingungen sagen: Der jetzige Landtag tagt im Juli das letzte Mal und es wäre – auch wegen der notwendigen Fristen für Stellungnahmen – vollkommen illusorisch, bis dahin einen Bericht vorzulegen. Also können wir den Bericht erst dem neuen Landtag vorlegen und der konstituiert sich erst im November. Das ist also der früheste Zeitpunkt.

landtag, aktuelle stunde zum thema hypo vorarlberg
Mit der Prüfung des Landes-Rechnungshofes wird sich erst der nächste Landtag nach der Wahl im Oktober beschäftigen. VN/Philipp Steurer

Die Hypo Vorarlberg ist mehrheitlich im Eigentum des Landes. Was genau können Sie also prüfen, welche Dokumente werden Sie sehen können?
Eggler-Bargehr Bei mehrheitlichen Landesbeteiligungen haben wir generell die Prüfkompetenz, das ist also im Bereich der Hypo der Fall. Für unsere Berichte gilt aber, dass wir zwischen öffentlichem Interesse und den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen abwägen müssen. Im Fall einer Bank greift das natürlich noch einmal extremer, als wenn man ein Amt in der Landesverwaltung prüft.

Was bedeutet das konkret?
Eggler-Bargehr Es ist so, dass wir mit dem, was später im Bericht steht, zum Beispiel nicht gegen das Bankgeheimnis verstoßen dürfen. Uns gegenüber gilt das nicht, also man muss uns alle Dokumente vorlegen. Aber im Prüfbericht an den Landtag darf dann nicht alles vorkommen, weil dafür der Datenschutz wieder gilt.

Und Sie können den Abgeordneten auch keinen zweiten, detaillierten Bericht vorlegen, der geheim zu halten wäre?
Eggler-Bargehr Nein. In Vorarlberg ist die Lage so, dass wir einen Bericht erstellen und dem Landtag vorlegen. Alles, was wir prüfen und gesetzlich veröffentlicht werden kann, kommt da rein und wird dann auch öffentlich. In anderen Bundesländern kann es zwei Berichte geben, in unserer Verfassung ist das nicht vorgesehen.

Würden Sie das gerne tun können?
Eggler-Bargehr Eigentlich nicht. Es ergibt Sinn, dass alles, was der Landes-Rechnungshof macht, öffentlich und transparent ist. Diese Spielregeln gelten auch für den Rechnungshof des Bundes. Eine Differenzierung ist nicht gut und sinnvoll. Ein Rechnungshof sollte ja kein Spielball sein, um irgendwelchen Interessen von Parteien nachzukommen.

Was können wir uns dann aber vom Bericht erwarten? Schauen Sie sich die grundsätzliche Strategie der Bank bei Kreditvergaben an?
Eggler-Bargehr Es ist noch sehr früh, das im Detail zu sagen, aber grundsätzlich werden wir uns das System anschauen. Wie ist der Risikoprozess gestaltet? Welche Vorgaben gibt es da und wurden sie eingehalten? Und wie ist darüber an wen berichtet worden? Und im Spezifischen geht es dann um die Fälle, die uns nahe gelegt wurden.

PK, Pressekonferenz Hypo Bank, Vorstand Hypo Vorarlberg, Michel Haller lŠdt zu Pressekonferenz zur aktuellen Causa, Kreditvergaben
Die Hypo-Führung rund um Vorstandsvorsitzenden Michel Haller (M.) muss dem Landes-Rechnungshof für die Prüfung alle relevanten Dokumente vorlegen. Für den Bericht gilt dann aber das Bankgeheimnis weiter. VN/Philipp Steurer

Fürchten Sie durch die Kredite Auswirkungen auf den Landes-Haushalt und damit auf die einzelne Vorarlbergerin?
Eggler-Bargehr Das kann ich aktuell noch überhaupt nicht beurteilen. Dazu müsste man etwa viel genauer wissen, wie die Kredite besichert sind und welche Qualität diese Besicherungen haben. Diese Informationen liegen mir nicht vor.

Allgemein steht ein intensives Jahr für Sie an, es wird gewählt und mit dem neuen Parteienförderungsgesetz können Sie jetzt auch die Parteien prüfen. Sind Sie dafür gerüstet?
Eggler-Bargehr Wir waren auf einem guten Weg und für die Parteienprüfungen gut vorbereitet, auch die notwendigen Mitarbeiter sind an Bord. Selbstverständlich hat die Sonderprüfung aber eine Dimension, dass wir jetzt alles andere wieder abändern und auf den Kopf stellen müssen. Wir werden die Parteienprüfungen aber nicht verschieben, die Rechnungsabschlüsse sind ja spätestens bis Ende September vorzulegen. Und bis sechs Monate nach der Wahl müssen wir den Bericht über die Wahlwerbung vorlegen, also sind wir auch nach hinten stark limitiert und eingetaktet. Das ist jetzt also eine Herausforderung, wir hätten auch gerne noch andere Dinge gemacht, aber irgendwie werden wir sie wohl meistern müssen.

Rechnungshof-Direktorin über die Hypo-Sonderprüfung: „Wir müssen jetzt alles auf den Kopf stellen“
Rechnungshofdirektorin Brigitte Eggler-Bargehr zu Gast auf der Tribüne im Landtag. Für eine jährliche Prüfung des Rechnungsabschlusses müsste ihr dieser eine Stelle zusätzlich zur Verfügung stellen. VN/Klaus Hartinger

Zuletzt gab es Berichte darüber, dass Sie keine Kapazitäten haben, um jährlich den Rechnungsabschluss des Landes zu prüfen. Spart der Landtag da an der falschen Stelle?
Eggler-Bargehr Das wäre eine sinnvolle und zweckmäßige Prüfung, auch im Sinne der Absicherung des Landes. Aber das ist bei einem 2-Milliarden-Euro-Haushalt wie jenem des Landes sehr umfangreich, dafür braucht es Zeit. Wir haben nun mal genau einen Spezialisten dafür und den können wir nicht jedes Jahr zur selben Zeit dafür abstellen. Will man also die Prüfung des Rechnungsabschlusses, braucht es mehr Ressourcen. Weil die Alternative sind Abstriche im Prüfprogramm, das ohnehin nicht sehr umfangreich ist. Also das wäre auch nicht sinnvoll.

Von mehr Ressourcen in welchen Größenordnungen reden wir da?
Eggler-Bargehr Über das Jahr gerechnet bräuchten wir zumindest eine weitere Person. Damit könnten wir etwa explizit eine Expertin oder einen Experten für das Finanz- und Rechnungswesen anstellen. Vorarlberg hat traditionell einen kleineren Rechnungshof, weil wir zum Beispiel nicht dazu verpflichtet sind, den Rechnungsabschluss jährlich zu prüfen.

Spart man da also an den falschen Stellen?
Eggler-Bargehr Rund um die Kontrolle ist das immer eine schwierige Frage. Je nachdem, wen Sie fragen, erhalten Sie eine andere Antwort. Wir als Kontrollinstanz sagen, dass es natürlich wichtig ist, dass Dinge geprüft werden – das liegt auf der Hand. Es ist auch so, dass man doch immer wieder etwas findet. Letztlich entscheidet aber der Landtag, wie er seine Prioritäten anlegt.