Burghang gegen Baugrund: Was Feldkirchs neuer Bürgermeister mit der Stadt tauschte

Ende 2019 tauschte Manfred Rädler mit der Stadt seine Grundstücke am Schattenburg-Hang gegen Baugrund in der Innenstadt. Er war damals schon selbst Stadtvertreter.
Feldkirch Der baldige Feldkircher Bürgermeister Manfred Rädler steht schon vor seiner Wahl zum Nachfolger von Wolfgang Matt unter Druck. Die Nominierung sorgte nicht nur in den anderen Parteien für erstaunte Gesichter, sondern auch in seiner ÖVP. Wegen Rädlers Vergangenheit als FPÖ-Stadtrat und weil der 59-Jährige als Gemeindevertreter bisher kaum auffiel. Jetzt kommt ein weiterer Punkt dazu: ein Grundstückstausch von Rädler mit der Stadt.
Manfred Rädler ist Bauunternehmer. Er ist alleiniger Gesellschafter der AJM GmbH. Rädler plante, die Lücke in der Feldkircher Innenstadt zwischen der „Alten Dogana“, ihrem Nebengebäude und den gegenüberliegenden Häusern zu schließen. Die Marokkanerstraße sollte laut den Plänen mit einem winkelförmigen Geschäfts- und Wohnhaus bebaut werden. Fußgängerinnen und Radfahrer sollten weiter per Passage durch das Haus in Richtung Bahnhof oder in die Innenstadt gelangen können.

Doch um das Projekt realisieren zu können, mussten der AJM GmbH die Grundstücke in der Marokkanerstraße gehören. Zunächst war die Stadt selbst Eigentümerin. Also beschloss die Stadtvertretung im Oktober 2019 ein Grundstücksgeschäft: Die Stadt und Rädlers Unternehmen tauschten mehrere Flächen. Rädler war selbst Stadtvertreter, erklärte sich aber für befangen und stimmte nicht mit.
Pläne und Renderings des Bauprojekts – Bauträgerin ist die AJM GmbH von Manfred Rädler – finden Sie hier.
Die AJM GmbH überließ der Stadt Grundstücke mit einer Größe von rund 771 m². 761 m² Freifläche auf dem Schattenburg-Hang und zusätzlich zehn m² Kerngebiet in der Marokkanerstraße. Im Gegenzug gab die Stadt 302 m² in der Marokkanerstraße an Rädlers AJM GmbH ab. Etwa die Hälfte war bereits als Kernland gewidmet. Nach dem Tausch wurde der Rest ebenfalls zu Kernland umgewidmet. Zur Realisierung des Projekts.

Das geht aus Sitzungsprotokollen und dem Grundbuch hervor. Vertraulichen Dokumenten der Stadtvertretung zufolge bewertete das Amt der Stadt Feldkirch die beiden Flächen fast gleichwertig: Die 771 m² von der AJM GmbH an die Stadt Feldkirch, fast vollständig Freifläche am Burghang, sollen zum Zeitpunkt des Geschäfts 39.550 Euro wert gewesen sein. Die 302 m² in der Innenstadt, die an Rädlers Unternehmen gingen, sollen hingegen 45.300 Euro wert gewesen sein. „Anstelle der Wertausgleichszahlung übernimmt AJM GmbH die Kosten für die Vermessung und Vertragserrichtung allein“, steht in den Erläuterungen zum Beschluss, die den VN vorliegen.

Ein unbebaubarer Hang über einem Tunnel war aus Sicht der Stadt also gleich viel Wert wie Baugrund in bester Innenstadtlage. Ob das für außenstehende Experten nachvollziehbar ist, hat im Rathaus fast niemanden interessiert: Den Einsatz eines Gutachters, um den tatsächlichen Wert der Grundstücke zu ermitteln, lehnte die Stadtvertretung ab. Nur die FPÖ, die Grünen und die SPÖ stimmten dafür – angesichts der Involvierung des ÖVP-Mandatars Rädler. Neos-Stadtvertreter Georg Oberndorfer sprach davon, dass an so einem Gutachten nur der Gutachter verdienen würde.

Auf VN-Anfrage äußert sich Andrea Bachmann, Sprecherin der Stadt Feldkirch: „Die Stadt verfügt über ausgewiesene Fachleute im Bereich der Immobilienwirtschaft und Verkehrswertberechnung von Immobilien, welche die Bewertung der Tauschflächen vorgenommen haben.“ Die Grundstücke seien durch Dienstbarkeiten, öffentliche Gehwege, Fahrrechte und Leitungsrechte speziell belastet. Die abgegebenen Flächen seien zudem für sich allein nicht verwertbar oder bebaubar gewesen.
Burghang zur Entwicklung
Dennoch warf die Berechnung in der Stadtvertretung Fragen auf, wie die Protokolle zeigen. Der inhaltlich zuständige Stadtrat Thomas Spalt sprach von einem großen Anliegen, das Geschäft zu realisieren, berichtete aber von vielen Diskussionen innerhalb seiner FPÖ-Fraktion. Denn obwohl die Stadt die Grundstücke am Hang zur Entwicklung brauche, sei die Bewertung schon sehr hoch und würde Kosten – zum Beispiel für den Steinschlagschutz – nach sich ziehen.
Die Sprecherin der Stadt dazu: „Es war ein wesentliches Ziel, die letzten privaten Liegenschaften rund um die Burg in städtischen Besitz zu überführen. Dies ist mit dem Tauschvertrag gelungen. Das Projekt ‘Entwicklung der Schattenburg’ läuft noch.“ Für den Grundstückstausch stimmten in der Stadtvertretung die ÖVP, die Neos, die Liste „Wir“ und Teile der FPÖ; geschlossen dagegen die Grünen und die SPÖ.

Nina Tomaselli, Stadtvertreterin der Grünen, warf die Frage auf, ob der Teil der an Rädlers Firma übertragenen Grundstücke, der zum Tausch noch als Verkehrsfläche gewidmet war, in Bauland umgewidmet werden wird. Die Antwort von Bürgermeister Wolfgang Matt: Natürlich werde es eine Umwidmung geben, der Eigentümer könne ja sonst nicht bauen.
Umsetzungsstand: unklar
Im Tauschvertrag ist festgeschrieben, dass die Stadt das Geschäft rückgängig machen darf, wenn bis Ende 2027 kein gültiger Baubescheid vorliegt. Und erst dann werde die Stadt auch darüber entscheiden. „Dem Bauamt liegt bis heute kein Bauansuchen vor“, heißt es von der Sprecherin.
Zu einem möglichen Bau äußert sich der designierte Bürgermeister karg: „Diese Ereignisse im Zusammenhang mit Bauen und Baubewilligungen liegen in der Zukunft, somit sind die Fragen im Vorhinein konkret nicht beantwortbar.“ Aber: „Ich habe angekündigt, mich voll und ganz dem Amt des Bürgermeisters zu widmen und demzufolge aus der Geschäftsführung auszuscheiden“, sagt Manfred Rädler den VN. Ob das mit einem Bauansuchen bis 2027 vereinbar ist, blieb offen.

Die Frage, ob die Vorgangsweise mit der Umwidmung seinen Ansprüchen an ein transparentes politisches Handeln entspricht, beantwortet Rädler nicht. Sinngemäß hält er (wie die Stadt) nur fest, dass die Umwidmung ganz normal kundgemacht und aufgelegt worden sei. Angesichts der vereinbarten Nutzungsrechte für die Grundstücke sei es „unzulässig“, einfach einen Quadratmeterpreis für das Bauland zu berechnen. Zudem wiederholt er die Argumentation der Stadt für den wertgleichen Tausch weitestgehend.
Ein Tausch, welcher der Stadt Arbeit brachte: „Für die Freihaltung der Sicht auf die Burg wird alle zwei bis drei Jahre ein Strunkschnitt durch den Stadtforst vorgenommen. Die Kosten belaufen sich dabei auf rund 5000 Euro pro Rückschnitt“, heißt es aus dem Rathaus.
