Notknöpfe, Sicherheitsglas, Alarmanlage: Das sind die neuen Pläne zum Frauenhaus

Politik / 29.05.2024 • 18:53 Uhr
VENEZUELA-WOMEN/
Frauen finden mit ihren Kindern Schutz in Dornbirn. Das neue Frauenhaus soll mehr Platz und Normalität bieten. Insgesamt werden in Vorarlberg sieben neue Plätze geschaffen. REUTERS

Die Adresse ist nicht mehr geheim. Dafür gibt es für gewaltbetroffene Frauen ein Stück weit Normalität – und mehr Platz.

Dornbirn Der Platz ist über die Jahre immer enger geworden. Und doch führt für viele Frauen kein Weg daran vorbei. Sie brauchen Schutz. Schutz vor ihrem Partner, vor der Person, mit der sie eine Familie gegründet haben, vor einem Mann, den sie einst geliebt haben oder immer noch lieben. Vor einem Menschen, der auf sie einschlägt.

Das Frauenhaus – das Institut für Sozialdienste nennt es Frauennotwohnung – bietet ihnen einen Platz. Die Frauen sind sicher, aber weit von einem normalen Leben entfernt. Fenster sind mit Gitterstäben versehen. Die Adresse ist geheim, Besuch tabu. So sieht es das aktuelle Sicherheitskonzept vor. Lamd, Gemeinden und ifs wollen künftig mehr Spielraum schaffen. Ein neues Frauenhaus kommt, mit neuem Konzept und mehr Platz.

Maurice Shourot
“Wir haben gesehen, dass die Bedarfe steigen“, erklärt Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker. Shourot

Sieben neue Plätze

Aktuell leben neun Frauen mit sechs Kindern im Frauenhaus des ifs. Sieben der 16 Plätze sind also frei. Das kann sich schnell ändern, wie ifs-Geschäftsführerin Martina Gasser weiß und die Zahlen des vergangenen Jahres zeigen. 2023 suchten 89 Frauen mit 87 Kindern Schutz in einer Frauennotwohnung des ifs. 2022 waren es 50. In den Jahren zuvor jeweils knapp 70. „Wir haben gesehen, dass der Bedarf steigt“, erklärt auch Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker. Zusätzlich müssten die Frauen deutlich länger im Frauenhaus bleiben als dies früher der Fall gewesen ist. Grund sei der angespannte Wohnungsmarkt, der es den Frauen erschwere, eine neue Unterkunft zu finden. Und: Scheidungen bedürften ob ihrer zunehmenden Komplexität deutlich mehr Zeit. „Das Warten ist für die Frauen sehr belastend“, hält Gasser fest.  

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Infogram angezeigt.

Alarmanlage und Notknopf

Am Weltfrauentag fassten Land und Gemeinden den Beschluss, das Angebot des Frauenhauses auszubauen und neu zu gestalten. Die Rohskizze ist gezeichnet, die Detailplanung starte, berichtet die ifs-Geschäftsführerin. Während vier Übergangswohnungen mit 9 Plätzen bestehen bleiben, soll das neue Haus in Dornbirn Platz für 14 Frauen mit Kindern bieten. Neu ist, dass die Adresse bekannt sein wird. Man halte sich dabei an ein bewährtes Konzept aus Graz.

Martina Gasser, ifs
ifs-Geschäftsführerin Martina Gasser berichtet, dass das Haus 2026 fertiggstellt sein soll. IFS

Zum einen lebe jede Frau in ihrer eigenen kleinen Wohneinheit, mit Bad und Mini-Küche. Mehr Privatsphäre statt WG-Charakter ist der Unterschied zum bisherigen Modell. Gemeinschaftsräume und Spielzimmer sind im neuen Konzept mitgedacht. Völlig neu ist dabei auch das Sicherheitskonzept. Kinder können Schulfreunde zu sich einladen und die Frauen Bekannte in ihren eigenen vier Wänden treffen. Sie leben nicht mehr anonym. Eine Sicherheitsschleuse wird mit Portier eingerichtet. Sicherheitsglas, Alarmanlage und Notknöpfe für die Polizei zählen zum Inventar. “Wir wissen von Berichten aus dem Grazer Frauenhaus, dass sich die Vorfälle mit den gewaltbereiten Männern mit dem neuen Konzept nicht häufen oder verschärfen”, erklärt die ifs-Geschäftsführerin. Der Neubau ist fünfstöckig, wobei die obersten drei Stockwerke für das Frauenhaus verwendet werden. Ein Investor baut, dann wird angemietet. 2026 soll das Haus bezugsfertig sein. Derzeit rechnen Land, Gemeinden und ifs mit Gesamtkosten von 78.000 Euro pro Jahr und Platz. Diese umfassen alles, was es braucht, von Miete über Personal bis zu Sicherheitsvorkehrungen. Das neue Konzept wird Mehrkosten von zehn bis 15 Prozent verursachen. Der Sozialfonds (also Land und Gemeinden) bezahlt. Wiesflecker und Gasser sind überzeugt, dass sich die Kosten rechnen. Sie ermöglichen, den Klientinnen ein Stück weit Normalität zu geben.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Infogram angezeigt.

Das einstige Leben der schutzsuchenden Frauen ist im Frauenhaus vorerst Geschichte. Sie sind geflüchtet, weil es ihnen daheim zu gefährlich wurde. Manche fürchten um ihr Leben: „Sie erfahren physische Gewalt“, erzählt Gasser. Mit dem neuen Konzept hoffen ifs-Geschäftsführerin und Landesrätin Hürden zu senken, die eine Entscheidung beeinflussen könnten, sich Schutz zu suchen. Wer Hilfe benötige, bekomme sie. “Sicher aber sichtbar”, lautet dabei der neue Leitsatz. Schon jetzt gilt: „Wir haben keine Wartezeiten, jede Frau bekommt einen Platz.“ Bald auch ohne Gitterstäbe.

Frauen, die zu Hause Gewalt erfah­ren, fin­den im Frau­en­haus mit ihren Kin­dern Schutz und Sicher­heit. Betroffene können das Frauenhaus unter 05-1755-577 erreichen. Auf­nah­men sind zu jeder Tages- und Nacht­zeit mög­lich.