Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Im Brennpunkt

Politik / 07.06.2024 • 08:50 Uhr

Das Bildungsministerium hat im Jahr 2018 unter dem damaligen Minister Faßmann ein Projekt für Schulen „in herausfordernder Lage“ gestartet. Gemeint sind damit sogenannte Brennpunktschulen, die mit einem besonders hohen Anteil von Schülern aus migrantischen Familien oder sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten konfrontiert sind. Betroffen waren auch 24 Pflichtschulen in Vorarlberg. Ziel des Projekts war herauszufinden, weshalb manche Schulen ihre „herausfordernde Lage“ besser bewältigen und manche schlechter. Grundsätzlich lässt sich wenig gegen das Vorhaben einwenden.

„Kommunizieren Ministerium und Bildungsdirektion denn nicht miteinander?“

Drei Abgeordnete der Neos im Vorarlberger Landtag wollten im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage unter anderem erfahren, um welche Schulen es sich im Ländle handelt. Abgesehen davon, dass den Mandataren knapp beschieden wurde, dass die Anfrage eigentlich gar nicht in die Zuständigkeit des Landtags falle (eine Begründung für Menschen, die keine Spezialisten im Verfassungsrecht sind, wäre sinnvoll gewesen), war die Antwort doch recht überraschend: Die Vorarlberger Bildungsdirektion weiß demnach nämlich nicht, um welche 24 Schulen es sich handelt, die das Ministerium ausgewählt hat. Kommunizieren Ministerium und Bildungsdirektion denn nicht miteinander? Etwa um die Bildungslandschaft zu verbessern und Schulen „in herausfordernder Lage“ zu unterstützen? Die Antwort lautet offenbar nein.

Besonders kurios ist, dass die Geheimhaltung der teilnehmenden Schulen Bestandteil des Projekts sei, wie der Anfragebeantwortung zu entnehmen ist. Diese Geheimniskrämerei des Bildungsministeriums – die Vorarlberger Bildungsdirektion weiß ja ihrem Bekunden nach nichts, außer eben, dass die Sache geheim ist – ist gut gemeint, aber im Ergebnis ohne Sinn. Gut gemeint deshalb, weil es in der öffentlichen Wahrnehmung tatsächlich keinen guten Eindruck macht, wenn eine Schule besonders belastet ist. Das Ergebnis ist dasselbe wie bei einer Bank, deren „herausfordernde Lage“ in der Öffentlichkeit bekannt wird: Wer noch kann, zieht sein Kapital ab.

Sinnlos ist die Geheimhaltung jedoch deshalb, weil die Brennpunktschulen unter dieser Bezeichnung faktisch jedem bekannt sind und heute schon von den Familien gemieden werden, welche die Möglichkeit dazu haben. Einmal mehr gilt: Transparenz löst zwar das Problem noch nicht, aber durch Offenheit kann eine Verwaltung immerhin dokumentieren, dass sie an der Lösung des Problems arbeitet. Wenn sich jedoch herausstellt, dass die zuständigen Behörden nicht einmal miteinander reden, ist der öffentliche Eindruck katastrophal.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.