“Brüssel betrifft Vorarlberg jeden Tag”

Politik / 09.06.2024 • 15:46 Uhr
Hannah Beck Vorarlberger Nachrichten
Die Juristin Hannah Beck ist spezialisiert auf “internationale Partnerschaften”, ihr Steckenpferd ist das südliche Afrika. Privat

Die Wolfurterin Hannah Beck arbeitet in der EU-Kommission an internationalen Aspekten, die auch Vorarlberg bewegen.

Wien Die “großen Themen in Brüssel” sind vor der EU-Wahl wieder in den Vordergrund gerückt. Für Hannah Beck sind sie Alltag. Die 29-jährige Wolfurterin arbeitet bei der Europäischen Kommission zum Thema “internationale Partnerschaft”. Dieses Thema ist keineswegs abstrakt, sondern betrifft fast alle Vorarlberger jeden Tag, wie sie erzählt.

Nach Brüssel kam sie zwar über verschlungene Wege, aber dennoch sehr zielstrebig. In Wien studierte sie Jus mit Fokus Menschenrechte. Dabei absolvierte sie ein Auslandssemester in Südafrika. Eine untypische Wahl, wie sie sagt, da die meisten ihrer Kommilitonen und Kommilitoninnen eher europäische Länder wie Frankreich wählen.

"Brüssel betrifft Vorarlberg jeden Tag"
Schon während der Studienzeit spezialisierte sich Hannah Beck auf internationale Partnerschaften und afrikanische Länder. Privat

Das hat praktische Gründe, da die Kurse in diesen Ländern einfacher angerechnet werden können und die Studienzeit dadurch nicht verlängert wird. Beck bereute ihre Wahl dennoch nicht, da sie von ihrer Zeit in Afrika persönlich und beruflich profitiert habe. “Dass ich ein paar Seminarstunden verloren habe, nehme ich in Kauf”, sagt sie. In ihrer Klasse mit einem spezifischen Masterprogramm zu Menschenrechten und Demokratisierung waren 20 Personen aus unterschiedlichen Ländern und mit vielseitigen Hintergründen. Dazu zählten etwa Richterinnen oder Menschenrechtsaktivisten aus anderen afrikanischen Ländern.

"Brüssel betrifft Vorarlberg jeden Tag"
Seit mehr als zwei Jahren arbeitet die Wolfurterin für eine Generaldirektion der EU-Kommission. Privat

Philosophie der Nächstenliebe

Zudem fasziniert Beck die afrikanische “Ubuntu-Philosophie”, die sie schon zuvor auf Reisen in afrikanische Länder kennengelernt hatte. “Mir gefällt die Nächstenliebe, der Gemeinsinn und das Bewusstsein, dass man als Privatperson Teil einer Gemeinschaft ist und sich daraus auch Verpflichtungen ergeben”, sagt sie.

Nach dem Studium begann Beck im Außenministerium zu arbeiten. “Brüssel wirkte da zunächst noch weit weg. Aber die großen Blöcke, die mich besonders interessieren – Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und die Klimakrise – kann man vor allem auf der EU-Ebene bewegen.”

"Brüssel betrifft Vorarlberg jeden Tag"
Der Fokus der Vorarlbergin lag während ihres Jusstudiums vor allem auf Menschenrechte. Privat

Bewerbung aus Neugierde

Aus “Neugierde” bewarb sie sich daher bei der EU-Kommission und bekam vor mehr als zwei Jahren einen Praktikumsplatz, aus dem eine dauerhafte Stelle wurde. Bis heute arbeitet sie im Generaldirektorat, vergleichbar mit einem Ministerium, das für internationale Partnerschaften zuständig ist. Und, so schließt sich der Kreis, dort ist sie vor allem für das südliche Afrika zuständig.

“Jetzt in Brüssel wirken die großen Themen viel näher”, sagt sie. Doch auch die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger sind davon betroffen. So konnte das Land durch die Mitgliedschaft etwa seine Wettbewerbsfähigkeit steigern, erinnert die Juristin. Auch ihre Arbeit in der EU-Kommission empfindet sie nicht als abstrakt. “Die internationale Partnerschaft betrifft jede einzelne Person in Vorarlberg, die ein elektronisches Gerät hat. Die Rohstoffe für diese kommen aus der ganzen Welt, so zum Beispiel auch aus Afrika. Die globale Zusammenarbeit ist daher unerlässlich.”

"Brüssel betrifft Vorarlberg jeden Tag"
In ihrer Freizeit geht Beck klettern und macht Akrobatik, manchmal auch beides gleichzeitig. Privat

Die pragmatische Vorarlberger Art helfe bei der Arbeit in der Europäischen Union. Und wie überall auf der Welt finden sich auch in Brüssel die Vorarlberger zusammen, etwa beim Verein der Vorarlbergerinnen und Vorarlberger in Brüssel. Da gibt es dann Abends mal Käsknöpfle statt Belgian Fries. Auch zufällige Begegnungen mit anderen Vorarlbergern sind möglich. Beck erzählt von einem längeren Arbeitstelefonat auf Englisch, bis sie am Schluss realisierten, dass beide Vorarlbergerinnen sind. Beendet wurde das Gespräch im Dialekt.

In ihrer Freizeit ist die Wolfurterin sehr aktiv, sie geht in der Halle klettern, macht Akrobatik, näht und bastelt gerne. Vor kurzem hat sie mit dem Trommeln angefangen. Nur einen Nachteil sieht sie in Brüssel: “Leider ist der höchste Berg hier nur ein Hügel.”

"Brüssel betrifft Vorarlberg jeden Tag"
Einziger “Kritikpunkt” an Brüssel: Der größte Berg ist ein Hügel. Privat