Umweltgesetz erhitzt Koalitionsklima

Politik / 17.06.2024 • 18:41 Uhr
Austria Politics
“Ich werde diese Bundesregierung bis zum 29.09 anführen”, so Nehammer am Montagnachmittag. APA

Bundeskanzler Nehammer schloss aber ein Ende der türkis-grünen Koalition bis zur Wahl aus.

Wien “Die Emotion wäre da”, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Montagnachmittag vor Journalisten in Brüssel. Er meinte damit das Ende der türkis-grünen Koalition. Auslöser war das “Ja” zum EU-Renaturierungsgesetz durch Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne). Sie setzte sich damit klar gegen den Willen der Volkspartei hinweg. Nehammer wolle den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern jedoch “Milliarden” an Kosten ersparen. Er habe zudem “die Verantwortung als Bundeskanzler für einen geordneten Weg” bis zur Nationalratswahl, “damit das Land nicht im Chaos versinkt.”

Die Ministerin habe jedoch “einen Rechtsbruch begangen”, kritisierte Nehammer. Daher werde nun zum einen eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingebracht, zum anderen werde Gewessler wegen Amtsmissbrauchs angezeigt. “Das ist nicht das, was sich die Bürgerinnen und Bürger von der Regierung erwarten.” Nehammer betonte, dass er dennoch die weiteren geplanten Vorhaben der Bundesregierung “nach besten Wissen und Gewissen” umsetzen wolle – “soweit es mit diesem Koalitionspartner noch möglich ist”. Der Vertrauensbruch innerhalb der Koalition sei groß. “Der Grüne Koalitionspartner hat sein Gesicht gezeigt.”

”Sieg für die Natur”

Gewessler sprach nach der Abstimmung hingegen von einem “Sieg für die Natur”. Die Europäische Union stelle sich geeint hinter den Schutz der Lebensgrundlage. “Wir geben der wunderbaren Artenvielfalt in unserer Heimat den Platz, der ihr zusteht”, hielt Gewessler fest.

Sie ergänzte: “Mein Gewissen sagt mir unmissverständlich: Wenn das gesunde und glückliche Leben künftiger Generationen auf dem Spiel steht, braucht es mutige Entscheidungen. Deshalb habe ich heute für dieses Naturschutzgesetz gestimmt.” Das Renaturierungsgesetz sichere Zukunft. “Wo früher ein lebendiger Bach war, ist heute ein betonierter Kanal. Wo früher eine wilde Blumenwiese war, finden wir heute nur mehr eine Betonwüste.” So dürfe man nicht weitermachen. Die Abstimmung sei ein Signal dafür.

“Überbürokratie”

Nehammer sieht das anders: Das Ansinnen der EU-Kommission sei gut, die Umsetzung schlecht. Es gehe darum die Bauern zu schützen. Von Journalisten darauf angesprochen, dass bereits viele Zugeständnisse für die Landwirtinnen und Landwirte gemacht wurden, meinte Nehammer, dass die Land- und Forstwirtschaft in den 27 Mitgliedsstaaten zutiefst unterschiedlich sei. “Österreichs Wald wächst. Daher haben wir uns gegen diese überbordenden Bestimmungen der EU gewehrt.” Auch wenn Österreich viele Auflagen automatisch bereits erfülle, fürchtet er “Überregulierung und Überbürokratisierung”.

“Wenn Ideologie über die Verfassung und das demokratische Miteinander gestellt wird, bedeute das Chaos.” Es könne nicht angehen, dass sich Umweltministerin Gewessler mit Privatgutachten über den Verfassungsdienst hinwegsetzt und dadurch die gesetzlichen Bestimmungen missachtet. Es ist daher eine gerichtliche Klärung notwendig. Er habe am Sonntag mit Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen gesprochen, das Gespräch sei jedoch vertraulich gewesen. Daher werde er nicht verraten, ob der den Bundespräsidenten mit der Entlassung von Gewessler beauftragt hat.

Auch wenn die Koalition nun weiterarbeiten will, dürfte der Haussegen nach dem Alleingang Gewesslers auch weiterhin schiefhängen. Die FPÖ will einen Misstrauensantrag im Nationalrat gegen Umweltministerin Gewessler einbringen. SPÖ und Neos hatten die Zustimmung zum Renaturierungsgesetz aber begrüßt.

Termin für Wahl bleibt

Die Nationalratswahl findet jedenfalls am 29. September statt. Dass sich das auf Grund der Krise der schwarz-grünen Koalition noch ändert, ist laut Werner Zögernitz vom Institut für Parlamentarismus nicht mehr möglich. Vergangene Wochen haben ÖVP und Grüne den Wahltermin fixiert. Die Verordnung muss diese Woche noch im Hauptausschuss des Nationalrates beschlossen werden, eine Vorverlegung ginge sich angesichts der notwendigen Vorlaufzeiten nicht mehr aus. Der Stichtag ist bereits am 9. Juli, also in drei Wochen.