Wallner zu Gewessler: “Das ist ein Koalitionsbruch”

Politik / 17.06.2024 • 14:02 Uhr
Interview LH Wallner
Er habe schon lange kein Vertrauen mehr in Gewessler gehabt, sagt Wallner. SERRA

Der Landeshauptmann warnt vor völligem Chaos. Die Ministerin sei ein zu hohes Risiko eingegangen.

Schwarzach Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hat schon länger das Vertrauen in Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) verloren, wie er im VN-Gespräch erklärt. “Der Ärger war schon bei ihrer Vorgangsweise rund um die S18 groß.” Heute allerdings habe Gewessler klar Recht gebrochen, sagt er zu ihrer Entscheidung, dem EU-Renaturierungsgesetz zuzustimmen. Und noch mehr: „Ich persönlich halte es für einen Koalitionsbruch.“

Der Bundeskanzler werde sich überlegen müssen, wie er die Weiterarbeit gestalte. Es sei schließlich extrem belastend, mit einer Ministerin zusammenzuarbeiten, die derart handle. „Es ist jetzt Ende der Legislaturperiode. Wenn das in völligem Chaos mündet, hat Leonore Gewessler das angerichtet. Sie hätte dieses Risiko nicht eingehen dürfen“, hält Wallner fest. Ob der Kanzler eine Amtsenthebung vorschlagen soll oder die ÖVP einen Misstrauensantrag einbringen könnte, will Wallner nicht bewerten. Das sei Sache der Bundespolitik.

“Klare Verhältnisse in Vorarlberg”

Für Vorarlberg seien die Verhältnisse klar. Zwar wären ÖVP und Grüne in der Landesregierung auch völlig unterschiedlicher Meinung zum Renaturierungsgesetz, eine große Auswirkung auf die tägliche Arbeit sieht Wallner aber nicht. „Natürlich ist es eine atmosphärische Belastung, aber letztlich ist es eine Entscheidung, die woanders vollzogen und getroffen wurde.“

Rhesi-Staatsvertragsunterzeichnung, Brücke Wiesenrain in Lustenau, Schweiz Österreich
Für das Hochwasserschutzprojekt Rhesi habe die gültige Wasserrahmenrichtlinie völlig ausgereicht, so der Landeshauptmann (l., auf dem Bild mit Finanzminister Magnus Brunner). VN/Rhomberg

Inhaltlich bezeichnet der Landeshauptmann das Renaturierungsgesetz einen faulen Kompromiss zum Nachteil des Landes. Er hätte sich mehr Spielräume gewünscht und „keine messerscharfe Verordnung“, die noch dazu zu Doppelgleisigkeiten führe. „In Vorarlberg braucht das kein Mensch.“ Das Umweltgesetz werde der EU nicht gut tun. „Im Eindruck des Wahlergebnisses hätte ich mir mehr Vernunft erwartet. Ich hätte mir erwartet, dass man einsieht, dass man nicht zentral von oben nach unten regieren kann.“ Wallner befürchtet Eingriffe in die Flächenbewirtschaftung, in die Wälder, aber auch in den Gewässerschutz. Dass die Umsetzung bei den Ländern liege, will er so nicht gelten lassen. „Da bleibt nur Bürokratie übrig.“ Niemand brauche eine zusätzliche Verordnung. Das Hochwasserschutzprojekt Rhesi sei schließlich auf der aktuell gültigen Wasserrahmenrichtlinie geplant worden, „auch Teile der Dornbirner Ach renaturieren wir auf dieser Basis“. Die Verordnung zur Renaturierung in Europa gehe hingegen meilenweit an der Realität vorbei. Eine Wiedervernässung der Felder würde der Landwirtschaft wichtige Fläche kosten.

“Völliges Novum”

Dass Gewessler all dem „mit dem Kopf durch die Wand“ zugestimmt habe, sei inakzeptabel. „Die Vorgangsweise der Ministerin ist ein absolutes Novum.“ Der Verfassungsdienst sehe darin einen eindeutigen Gesetzesbruch. „Ich hätte nicht erwartet, dass sich die Ministerin das traut“, zumal sie auch eine einheitliche Stellungnahme der Länder übergangen habe. „Es gab keine Einladung von Leonore Gewessler, sich die Sache mit uns wirklich noch einmal anzusehen.“ Vielmehr habe sie nur das Ziel verfolgt, an der Stellungnahme vorbeizukommen und diese gemeinsam mit Wien auszuhebeln.