Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Grünes Mäntelchen

Politik / 18.07.2024 • 17:05 Uhr

Der Handelskonzern Billa plant in St. Pölten ein neues, großes Zentrallager. Zu diesem Zweck sollen etwa 18 Hektar landwirtschaftlicher Grund unter anderem für eine riesige Halle mit 310 Metern Länge und 220 Metern Breite versiegelt werden. Unternehmerisch mag es ja Sinn haben, verschiedene bisher verstreut gelegene Lager an einem Standort zusammenzuführen und sich dadurch Kosten zu sparen.

„Ob es klug ist, dieses Gesetz nur deshalb zu bejubeln, weil man sich damit beliebt machen kann, ist fraglich.“

Eine andere Sache ist der Bodenverbrauch, der mit Recht zunehmend kritisch gesehen wird. Auch von Billa selbst: Immerhin führt der Konzern eine Liste von 460 Unternehmen an, die sich für das umstrittene Renaturierungsgesetz der EU ausgesprochen haben. Für Klimaschutzministerin Gewessler, die dem neuen Gesetz bekanntlich gegen den Willen der Länder und des Koalitionspartners zugestimmt hat, kamen diese progressiven Unternehmen natürlich gerade genau zur rechten Zeit.

Das Agieren des Konzerns erweckt den Eindruck, als wolle man sich ein grünes Mäntelchen umhängen, in Wahrheit aber seine Schäfchen ins Trockene bringen. Oder werden die bisherigen Lager in Natur umgewandelt? Das Unternehmen stört es offenbar nicht, wenn Länder und Gemeinden für den hohen Bodenverbrauch geprügelt werden, solange es seine eigenen Projekte umsetzen kann. Außerdem schadet es wohl nicht, wenn zukünftige strengere Vorschriften die Konkurrenz treffen.

Zu den Unternehmen, die den Billa-Vorstoß für das neue EU-Gesetz unterstützen, zählt auch der Zementhersteller Holcim. Auch dieses Unternehmen weiß: Wenn Österreich die Renaturierungsziele verfehlt, weil zuviel betoniert wird, wird dafür in erster Linie die Politik verantwortlich sein und ganz sicher nicht der Zementlieferant. Zum Schmunzeln ist, dass die Raiffeisenbank Lech auf der Unterstützerliste zu finden ist. Man kann gespannt sein, ob sich die Bank in Zukunft dafür einsetzen wird, dass planierte Schipisten in Lech „wiedervernässt“ werden, wie es im etwas seltsamen Deutsch des Renaturierungsgesetzes heißt.

Ob es klug ist, dieses Gesetz nur deshalb zu bejubeln, weil man sich damit beliebt machen kann, ist fraglich. Die ambitionierten Zielvorgaben der EU werden jedenfalls nur durch eine deutlich verschärfte Raumplanung zu erreichen sein. Man darf auf die innovativen Ideen aus der Wirtschaft gespannt sein, gleichzeitig zu wachsen und Natur wiederherzustellen.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.