Wahlk(r)ampf
Im laufenden Wahlkampf drischt die Spitzenkandidatin der Neos, Beate Meinl-Reisinger, ordentlich auf den ihrer Meinung nach „verantwortungslosen“ Föderalismus ein. In einer Diskussion mit Bundeskanzler Nehammer warf sie den Ländern vor, dass sie das Geld „munter mit beiden Händen ausgeben“. Und als Beispiel für überflüssige Landesgesetze fielen ihr die Abfallwirtschaftsgesetze ein.
„Aber was zählen in einem Wahlkampf schon Expertenmeinungen?“
Die Vorwürfe gehen an der Realität vorbei. Knapp unter 70 Prozent der Steuereinnahmen fallen dem Bund zu, den Rest teilen sich die Stadt Wien, die Gemeinden und die Länder. Wien kann die Politikerin sowieso nicht meinen, denn dort sitzen die Neos in der Regierung, die gewiss keine Verschwendung von Steuergeld zulassen würden. Bleiben die restlichen acht Länder und die Gemeinden. Möglicherweise ist ihr unbekannt, dass der Großteil der Ausgaben von Ländern und Gemeinden auf Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Bildung und Infrastruktur entfällt. Wer den Eindruck hat, dass in diesen Bereichen das Geld zum Fenster hinausgeworfen wird, darf sich bei den Betroffenen, von der Kleinkindbetreuerin bis zum Altenpfleger, erkundigen. Auch viele Experten haben bei den Finanzausgleichsverhandlungen darauf hingewiesen, dass Länder und Gemeinden für diese Aufgaben mehr Geld benötigen. Aber was zählen in einem Wahlkampf schon Expertenmeinungen?
Das Beispiel mit der Abfallwirtschaft ist ganz daneben. Wer sich mit dem Thema befasst, müsste eigentlich wissen, dass es ein sehr umfangreiches Abfallwirtschaftsgesetz des Bundes gibt, das äußerst detailreich und bürokratisch das – durchaus wichtige – Thema regelt, wie mit Abfällen umzugehen ist. Auf der Landesebene wird nur bestimmt, wie die Hausmüllabfuhr durch die Gemeinden zu erfolgen hat. Im Grunde ist die Abfallwirtschaft ein schönes Beispiel dafür, dass ein Bundesgesetz teurer sein kann als neun Landesgesetze zusammen, aber warum denn in einem Wahlkampf auch noch sachlich sein?
Man kann nur hoffen, dass die (wievielte eigentlich?) Expertenkommission, die vermutlich nach den Wahlen eingesetzt wird, um ein Sparpaket zu schnüren, klügere Ideen hat, wie man die Staatsfinanzen sanieren kann.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
Kommentar