Wallner kann sich über das schlechteste Ergebnis freuen

Die ÖVP fällt zwar unter 40 Prozent, hat beim Koalitionspoker aber alle Karten in der Hand.
Bregenz Vorarlberg hat gewählt, und das Ergebnis ist eindeutig: Markus Wallner bleibt Landeshauptmann. Nach dem bisher größten Minus (-11,2 Prozent) der ÖVP-Parteigeschichte bei der Nationalratswahl vor zwei Wochen fielen die Verluste (-5,1 Prozent) bei der Landtagswahl deutlich milder aus, als prognostiziert und auch von der Volkspartei selbst befürchtet wurde. Die FPÖ wurde aber auf Distanz gehalten, was der ÖVP Vorteile bei den Verhandlungen bringt.
Die ÖVP-Dominanz wurde zwar deutlich geschmälert: Der Abstand zwischen ÖVP (38,3 Prozent) und FPÖ (28,2 Prozent) beträgt rund zehn Prozentpunkte. Wallner befindet sich dennoch in der komfortablen Situation, seinen Regierungspartner auswählen zu können. Rechnerisch gehen sich zwei Zweier-Koalitionen aus, Schwarz-Blau und Schwarz-Grün. Theoretisch auch eine Dreier-Koalition, die aber innerhalb der ÖVP schon vor den Wahlen auf wenig Gegenliebe gestoßen ist – sie gilt als unwahrscheinlich.
Heute, Montag, sind bei ÖVP, FPÖ und Grüne die Parteisitzungen geplant. Darin werden die Vorgehensweise für die kommenden Tage festgelegt. Am Dienstag und womöglich noch am Mittwoch lädt Wallner alle anderen Parteiobleute zu sich ein. Bis Ende Woche soll nach weiteren parteiinternen Beratungen schon entschieden werden, mit welchen potenziellen Koalitionspartnern es weiteren Austausch geben soll, sagt Wallner. Schon in der anschließenden Wochen sollen die Verhandlungen beginnen. “Es ist mein Ziel, rasch zu einem Ergebnis zu kommen.”
FPÖ jubelt
Fest steht auch: Die FPÖ ist weiter im Aufwind und konnte sich Platz zwei sichern. Die Freiheitlichen dürften 28,2 Prozent erreichen, sich damit verdoppeln und beste Chancen auf eine Rückkehr in die Regierung haben. Nach 15 Jahren ist es nun wieder möglich, dass die FPÖ im Land in Führungsverantwortung kommt. Als Gründe für das gute Abschneiden nannte FPÖ-Landesparteichef Christof Bitschi Rückenwind aus dem Bund und das Setzen auf die richtigen Themen. Die Freiheitlichen konnten speziell in den kleineren Gemeinden reüssieren, wo sie der ÖVP oft zweistellige Verluste zufügten. In Bürserberg, Mäder, Hohenems, Lustenau und Fußach landete die FPÖ laut vorläufigem Endergebnis sogar auf Platz 1. Damit bekommt die schwarze Landkarte blaue Flecken.
“Fiktives Kopf-an-Kopf-Rennen”
Ob die Grünen gute Chance auf eine Regierungsbeteiligung haben, ist fraglich. Bei den Grünen stand laut vorläufigem Endergebnis ein Minus von 6,4 Prozentpunkten vor dem Ergebnis. Sie verloren den zweiten Platz an die FPÖ. Spitzenkandidat Daniel Zadra sah wie SPÖ und Neos den Grund für das Abrutschen auf Platz drei mit nur mehr 12,6 Prozent in dem “fiktiven, heraufbeschworenen Kopf-an-Kopf-Rennen” zwischen ÖVP und FPÖ, “das es so nie gab”. Ein Blick auf die Wählerstromanalyse widerspricht dieser Erzählung. An den grünen Wahlkampf-Themen machte Zadra das Abschneiden jedoch nicht fest. Und: Die Grünen seien sondierungsbereit.
Die SPÖ rund um Spitzenkandidaten Mario Leiter ist in Vorarlberg auch nach dem Sonntag so schwach wie sonst nirgends und bleibt – wie seit der Landtagswahl 2014 – mit dem Ergebnis von 9,1 Prozent (-0,4 Prozentpunkte) einstellig. Leicht verbessern konnten sich die Neos mit Spitzenkandidatin Claudia Gamon mit einem Plus von 0,4 Prozentpunkten auf 8,9 Prozent, was gegenüber dem bisherigen Rekordergebnis von 2019 (8,51 Prozent) einen minimalen Zuwachs bedeutete.
Neun wahlwerbende Gruppen standen am Stimmzettel, die Kleinparteien Anders, Xi, KPÖ und Wir schafften den Einzug nicht.