Kernforderungen und Budgetlage belasten Koalitionsverhandlungen

Politik / 02.12.2024 • 13:34 Uhr
AUSTRIA-POLITICS/
In vielen Verhandlungsgruppen geht es zwischen ÖVP, SPÖ und Neos gut voran, heißt es aus Verhandlerkreisen. Doch besonders der Bereich Steuern sorgt für Verstimmungen. APA

ÖVP, SPÖ und Neos verhandeln nun die zweite Woche über eine mögliche Koalition. Eigentlich gilt eine Kommunikationssperre, Bundeskanzler Nehammer suchte dennoch die Öffentlichkeit, um klare Positionen in Steuerfragen zu signalisieren.

Wien Ende vergangener Woche waren die drei Parteien, die gerade in Koalitionsverhandlungen miteinander stehen, um Zurückhaltung bemüht. “Wir haben derzeit eine Kommunikationssperre vereinbart”, hieß es aus dem Team von Karlheinz Kopf auf VN-Nachfrage. Der designierte Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg verhandelt unter anderem in den Ressorts Steuern, Finanzen und Klimaschutz. Auch Mario Leiter (SPÖ), der “Innere Sicherheit” mitverhandelt, betonte, “gegenseitiges Vertrauen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um diese Regierung auf den Weg zu bringen.” Claudia Gamon und Johannes Gasser (beide Neos) wollten Koalitionsgespräche ebenfalls “nicht über die Medien führen”.

Nur Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) suchte Ende der Woche überraschend den Weg über die Öffentlichkeit und richtete der SPÖ via X aus: “Es wird mit der ÖVP keine Vermögens- oder Erbschaftsteuern geben. Sollte die SPÖ darauf bestehen, sind die Verhandlungen schnell zu Ende.” In den kommenden Tagen stehen mehrere schwierige Verhandlungsrunden auf dem Programm, darunter Wirtschaft und Budget. Bis zum zwölften Dezember sollen dann alle Untergruppen mindestens einmal getagt haben. Die Steuerungsgruppen und die Parteichefs entscheiden dann, ob weitere Runden sinnvoll sind.

Schwierige Wirtschaftslage

Die aus dem Ruder gelaufenen Staatsfinanzen und die schlechte Konjunktur bilden gerade schwierige Voraussetzungen für die Gespräche. Konkret forderte die SPÖ jedoch nur einen “Beitrag jener, die in der Vergangenheit besonders profitiert haben”. Nur so könne man laut Sozialdemokraten das Budget sanieren. Bis 2028 müssten strukturell rund 15 Milliarden eingespart und trotzdem die Wirtschaft durch Investitionen gestärkt werden. Vermögens- oder Erbschaftsteuern wurden im SPÖ-Papier gar nicht explizit genannt.

Am Sonntag schlug Nehammer bereits wieder andere Töne an: SPÖ-Chef Andreas Babler sei in den Verhandlungen „sehr pragmatisch“. Nehammer gab zudem dem “Standard” (Wochenendausgabe) ein Interview und sprach da unter anderem von unterschiedlichen ideologischen Zugängen und dass es in manchen Verhandlungsgruppen “blitzt”.

ABD0044_20240621 – WIEN – …STERREICH: Landesrat von Oberšsterreich Wolfgang Hattmannsdorfer (…VP) am Freitag, 21. Juni 2024 anl. einer PK nach einer Konferenz der Landesintegrationsreferenten im Rathaus in Wien. – FOTO: APA/TOBIAS STEINMAURER
Wolfgang Hattmannsdorfer bei einem Treffen der Landesintegrationsreferenten im Rathaus in Wien im Sommer. Ab Jänner wechselt der Oberösterreicher als WKO-Generalsekretär nach Wien. APA/TOBIAS STEINMAURER

Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) folgt Karlheinz Kopf ab 2025 als Generalsekretär der Wirtschaftskammer. Der Oberösterreicher leitet aktuell den Cluster zu Wirtschaft und Steuern. “Das Ergebnis der Gruppe eins entscheidet über Sein oder Nichtsein der Regierung”, sagte er den “Oberösterreichischen Nachrichten”. Die erste Woche habe dem Positionsabgleich und besseren wechselseitigen Kennenlernen gedient. Kernpunkt aus seiner Sicht müsse die Wiedergewinnung der Wettbewerbsfähigkeit sein. “Das entscheidet, ob die Menschen einen Job und das Geld haben, um sich das Leben leisten zu können.” Es brauche keine All-inclusive-Mentalität, sondern die Mitverantwortung und ein Leistungsbekenntnis jedes Einzelnen.

“Regieren kein Selbstzweck”

Rot und Pink traten beide mit dem Anspruch “nicht mehr weiter wie bisher” in die Gespräche. Die Neos haben wiederholt betont, dass sie nur in eine Regierung gehen wollen, wenn sie dort auch Reformen, etwa bei Bildung und Wohnen, umsetzen können. Auch die SPÖ hat erst wieder hervorgehoben, dass Regieren für sie „kein Selbstzweck“ sei.

Erst Mitte vergangener Woche krachte es erstmals und die Neos richteten der ÖVP aus, dass der Gehaltsabschluss für Beamtinnen und Beamte aus ihrer Sicht “etwas zu viel” sei. Sehr zu ihrem Ärger wurden sie in die Verhandlungen nicht eingebunden. Die Erhöhung von durchschnittlich 3,5 Prozent für öffentlich Bedienstete kritisierten die Pinken angesichts der “dramatischen budgetären Lage”. In einem klärenden Gespräch der Parteispitzen wurden die Wogen geglättet.